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20.04.2009

RZECZPOSPOLITA: Eine fast unbekannte Institution

In ungefähr einem Monat finden in Polen die Wahlen zum Europaparlament statt. Alle politischen Parteien an der Weichsel haben bereits den Wahlkampf begonnen, doch die potenziellen Wähler wissen fast gar nichts über eine der wichtigsten europäischen Institutionen, berichtet die Tageszeitung Rzeczpospolita (Polacy mało wiedzą o PE). Auf die Frage, wie viele Parlamentarier Polen im Europaparlament vertreten würden und wie lange die Amtszeit eines Europaparlamentariers dauern würde, antworten die meisten Gefragten, sie wüssten es nicht. Nur 11% wissen, dass es derzeit im europäischen Parlament 54 polnische Politiker gibt, schreibt das Blatt. Die Zahlen seien keineswegs überraschend, kommentiert die Ergebnisse der Meinungsumfrage der Politologe, Doktor Krzysztof Szczerski von der Krakauer Jagiellonen - Universität.  Einerseits würden sich die Polen für die Unionspolitik sowie für die Institutionen der EU nicht interessieren. Andererseits versuchen die Politiker überhaupt nicht, den Bürgern zu erklären, worin die Arbeit eines Europaabgeordneten bestehe.

Doch im Vergleich mit anderen EU-Staaten schneidet Polen gar nicht so schlecht ab. In der gesamten Europäischen Union seien sich die Bürger nicht bewusst, womit sich die einzelnen Unionsinstitutionen beschäftigen würden, meint Doktor Rafal Trzaskowski vom Europäischen Zentrum Natolin in Warschau. Die Polen dagegen seien sich des Einflusses, den das Parlament auf ihren Alltag ausübe, bewusst. Über 60% der befragten Polen wissen, dass das Europaparlament großen Einfluss auf das polnische Recht hat, so die Tageszeitung Rzeczpospolita.

 

ŻYCIE WARSZAWY: Generalprobe

Den Wahlen zum europäischen Parlament etwas Platz widmet auch die hauptstädtische Tageszeitung Życie Warszawy (Walczą o Brukselę, testują Warszawę). In Warschau könnten die kommenden Wahlen aus einem Grund sehr interessant werden – um die Wählergunst werden mindestens drei potenzielle Kandidaten für das Amt des hauptstädtischen Bürgermeisters kämpfen. Als erste haben die Linken den Wahlkampf begonnen. Bald werden auf den Warschauer Straßen Werbeplakate mit dem Linken-Kandidat Wojciech Olejniczak zu sehen. Eigentlich verbinde Wojtek seine politische Zukunft mit Warschau. Die kommende Wahl zum Europaparlament werden also zu seinem ersten Popularitätstest in der Hauptstadt. Auch andere Parteien wollen die kommende Wahl für weitreichende Zwecke nutzen. Die Tageszeitung überlegt jedoch, ob die Ergebnisse vom Juni in einem Jahr noch maßgebend sein werden. Selbstverständlich könne man diese Ergebnisse nicht genau auf die Kommunalwahlen im nächsten Jahr übertragen. Doch es werde immerhin eine Art Probe für die Politiker, sagt Eryk Mistewicz, Experte für politisches Marketing.

 

GAZETA WYBORCZA: Private Religion

Polnische Katholiken betrachten ihre Religion immer mehr wie eine Ware. Aus dem Religionsangebot wählen sie sich das aus, was ihnen gerade am meisten passt, schreibt die Tageszeitung Gazeta Wyborcza (Polska niedziela bardziej świecka). Immer weniger Polen besuchen den sonntäglichen Gottesdienst, geht aus einer Studie des Statistikinstitutes der Katholischen Kirche hervor. Heute sind es 40% der Katholiken, die am Sonntag in die Kirche gehen, im Jahre 2000 waren es noch 47%. Die Religiosität der Polen wird selektiv. In der Soziologie spricht man von einer privatisierten Religion, erklärt den neuen Trend der Priester, Professor Slawomir Zareba. Man wähle sich das aus, was einem passt. Wie in einem Supermarkt. Dies beziehe sich nicht nur auf die Rituale, sondern auch auf den moralischen Aspekt der Religion. Die Polen geben gern zu, sie würden an Gott glauben, doch an die Hölle glauben nur noch 60% der Katholiken. Die gesellschaftlichen Wandlungen der letzten Jahre haben die Überzeugung verstärkt, dass die Religion eine private Angelegenheit sei.

 

kk