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21.05.2009

Spiegel-Artikel sorgt für Kontroversen in Polen

Sowohl die Zeitung Dziennik, als auch Rzeczpospolita befassen sich umfangreich mit dem Thema der aktuellen Spiegel– Publikation über Hitlers Komplizen. Das deutsche Magazin stellt in seiner letzten Titelgeschichte die These auf, dass die Deutschen nicht alleine den Mord an dem Judenvolk begangen hätten. Der Tötungsmaschine gehörten neben Deutschen und Österreichern genauso viele Ausländer an. Unter den Helfern, die vor allem die Juden denunziert hatten, waren auch Polen, schreibt „Der Spiegel“. Zwar schreibe das Magazin der Polen keine größere Schuld als die, die auch bisher historisch bestätigt wurde zu, doch die Behauptung, dass der Holocaust kein einzig deutsches, sondern ein europäisches „Projekt“ gewesen sei, löse in Polen Empörung aus – so Dziennik.

Andrzej Talaga, stellvertretender Chefredakteur der Dziennik kommentiert die Spiegel– Publikation folgendermaßen: Der Antisemitismus sei nicht mit der Vernichtung einer Nation zu verwechseln. Die Deutschen hätten eine nationalsozialistische Regierung gewählt, die es eingeordnet hatte ein Volk auszurotten. Deshalb seien sie als Nation verantwortlich und daher sei es doch berechtigt, über eine kollektive Schuld der Deutschen zu sprechen. Die Vernichtung zu europäisieren und mit dem Antisemitismus gleichzustellen sei die wohl größte Lüge in der Geschichte, so Talaga.

Der Text sei einfach verlogen, schreibt auch der Publizist der Zeitung Rzeczpospolita Piotr Skwiecinski. Zwar stimme jeder einzelne Satz als solcher, doch aus dem ganzen Text gehe ein falsches Bild hervor. Die Autoren des Artikels würden in einen Topf Fakten, Situationen, Handlungen und Ereignisse werfen. Einige Tatsachen seien auch verschwiegen worden – die Journalisten würden zum Beispiel kein Wort darüber erwähnen, dass all die Polen, die Juden denunziert haben, nach dem Ende des Krieges bestraft worden seien. Die Spiegel- Autoren würden nichts anderes machen, als die deutsche Schuld relativieren. Wie sonst solle man nämlich das europäisieren des Holocausts verstehen, fragt abschließend der Publizist.

 

Polityka: Karl Dedecius vs. Marcel Reich Ranicki 

Ein interessanter Vergleich der Biographien zweier Deutscher mit polnischen Wurzeln stellt in der Zeitschrift Polityka Adam Krzeminski dar. Karl Dedecius und Marceli Reich Ranicki. Zwei große Persönlichkeiten der literarischen Welt, beide stammen aus Polen, doch beide gingen einen ganz anderen Weg. Auch in den deutsch– polnischen Beziehungen würden die beiden Literaturkenner ganz verschiedene Rollen spielen. Die Art der Faszination von der Kultur des Nachbarlandes sei bei Dedecius und Ranicki fast gegensätzlich, schreibt der Polityka– Publizist.

Diese Einstellung sei Ergebnis der sich doch so unterscheidenden Lebenswege. Reich – Ranicki habe als deutsch – polnischer Jude ein schweres Schicksal während des Krieges gehabt. Doch seine Lebenshaltung sei nicht makellos gewesen – mal habe er der Gestapo im Warschauer Ghetto geholfen, da wieder mal war er wieder für den kommunistischen Staatssicherheitsdienst im sozialistischen Polen tätig. Als er sich später in der BRD niedergelassen habe, brach er allmählich von der polnischen Literatur ab. Anders Dedecius. In Lodz geboren gelang er während des Krieges in die Gefangenschaft der Russen. Da widmete er viel Zeit den Übersetzungen der russischen Werke. Um nicht verrückt zu werden, wie Krzeminski schreibt. Nach dem Krieg ließ er sich in einer ostdeutschen Kleinstadt nieder und beschäftigte sich erneut vor allem mit polnischer Literatur. Als deklarierter Gegner des kommunistischen Regimes siedelte er nach Westdeutschland über und befasste sich mit polnischen Literaturwerken, die er zugleich in Deutschland popularisieren wollte. Ranicki sei, wie Professor Bartoszewski ihn einst nannte, der große Karrieremensch, der ums Überleben kämpfen musste. Dedecius sei nicht auf solche Hindernisse im Leben gestoßen, so könne er besser Vertrauensbrücken zu seinem Herkunftsland bauen.

 

md