RZECZPOSPOLITA: Warschauer Kurier
Das Topthema der heutigen Presse in Polen ist der Ausbruch des II. Weltkrieges vor exakt 70 Jahren. Der Tageszeitung Rzeczpospolita wurde heute ein Nachdruck des Warschauer Kuriers vom 1. September 1939 beigelegt. Die größte hauptstädtische Tageszeitung informierte damals, dass Deutschland Polen hinterlistig überfallen hatte. Unter der Schlagzeile ist ein Aufruf des polnischen Präsidenten Ignacy Moscicki zu lesen. Der ewige Feind habe den polnischen Staat angegriffen, sagte Moscicki. In diesem wichtigen Moment wende er sich an die Bürger Polens mit einem Appell, dem Aggressor eine angemessene Antwort zu geben, wie es schon mehrmals in der Geschichte geschehen war. Neben dem Aufruf des damaligen polnischen Staatschefs befindet sich eine Nachricht von deutschen Flugangriffen auf polnische Städte. Die Luftwaffe habe Krakau, die Städte in Schlesien, sowie Czestochowa, Tczew, Puck und Grodno bombardiert, berichtete der Warschauer Kurier am 1. September 39 in der Abendausgabe.
DZIENNIK: Im Schatten von Moskau
Die Tageszeitung Dziennik widmet sich dagegen der Gegenwart. Heute treffen sich auf der Westerplatte 19 Premierminister aus Europa, um der Opfer des II. Weltkrieges zu gedenken. Unter den eingeladenen Gästen befinden sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, sowie der russische Regierungschef Wladimir Putin. Der polnische Präsident Lech Kaczynski wollte in seiner Ansprache zwar die russische Propaganda, die Polen für den Ausbruch des II. Weltkrieges mitverantwortlich macht, scharf kritisieren, hatte letztendlich seine Taktik jedoch geändert. Beigetragen haben soll dazu, laut dem Blatt, ein Telefongespräch mit Regierungschef Donald Tusk. Was zähle, sei die Einstimmigkeit in der polnischen Außenpolitik, kommentiert eine Person aus dem Umfeld von Kaczynski den Meinungswechsel des Präsidenten. Seit mehreren Tagen berichten polnische Medien von antipolnischen Veröffentlichungen in Russland. Mit dem Kreml verbundene Historiker versuchen den Hitler-Stalin Pakt zu rechtfertigen und beschuldigen Polen, ein Abkommen mit Hitlerdeutschland angestrebt zu haben. Das Blatt überlegt, ob der russische Premierminister diese Vorwürfe auch heute auf der Westerplatte wiederholen wird. Vieles deutet darauf hin, dass Putin einen milderen Ton anschlägt. In einem „Brief an die Polen“, den die Tageszeitung Gazeta Wyborcza gestern abdruckte, kritisierte Wladimir Putin zwar den Hitler-Stalin-Pakt, fügte jedoch gleich hinzu, dass England und Frankreich in München ein Abkommen mit Nazideutschland unterzeichnet, und somit die Chancen auf eine antideutsche Koalition begraben hätten.
ZYCIE WARSZAWY: Ein Amerikaner in Warschau
Nach Jahren kehren einzigartige Dokumente nach Polen zurück, berichtet die Hauptstädtische Tageszeitung Zycie Warszawy. Es sind Bilddokumente des amerikanischen Berichterstatters Julien Bryan, der im September 39 in Polen arbeitete. Das Bild von Warschau in Bryans Reportagen ist bedrückend. Es sind die ersten Belege für die Brutalität der deutschen Armee, die im Westen gezeigt wurden. Es sind auch die ersten Dokumente, die der offiziellen deutschen Propaganda widersprachen. Die Dokus haben damals über 60 Millionen Menschen in den USA gesehen, schreibt das Blatt. Der damalige warschauer Stadtpräsident stellte dem amerikanischen Journalisten ein Auto und einen Dolmetscher zur Verfügung. So bereiste Bryan die polnische Hauptstadt und hielt den Alltag der Warschauer und die fortschreitende Zerstörung der Stadt in Bildern fest. Julien Bryan machte im September 39 in Warschau über 700 Fotos und drehte mehr als 6 Stunden Filmmaterial. Ein Teil seiner Arbeit fand in den Dokumentarfilm „Ein amerikanischer Berichterstatter im belagerten Warschau“ Eingang, der gestern in der polnischen Hauptstadt gezeigt wurde.
kk