GAZETA WYBORCZA: Kompromierende Anhörung
Alle Tagesblätter kommentieren die gestrige Anhörung der neuen EU- Außenministerin Catherine Ashton vor dem Europäischen Parlament. Die polnische Idee, vor der Wahl des EU- Außenministers, ein Casting der Kandidaten zu organisieren, wurde abgelehnt. Schade – schreibt in seinem Kommentar der Publizist der Gazeta Wyborcza Tomasz Bielecki – Frau Ashton hätte diesen Wettbewerb sicherlich verloren. Bei der Anhörung vor dem Europäischen Parlament sei die Baronesse sehr schlecht ausgefallen – vor allem aus der Sicht von Polen und der anderen mittel- und osteuropäischen Länder. Ashton, zählt Bielecki auf, wusste nichts über die jahrelangen Kontroversen um die Ostsee- Pipeline. Zu den Beziehungen der EU mit Russland oder Belarus habe sie klare Antworten gemieden. Verfügt sie etwa über kein ausreichendes Wissen über Angelegenheiten, die die Diplomaten der neuen EU- Staaten seit Jahren beschäftigen, spekuliert der Publizist. Warschau, erinnert Bielecki, ist rege an der Ostpartnerschaft interessiert, also an einer engeren Zusammenarbeit zwischen EU und unter anderem der Ukraine und Belarus. Auch eine kohärente Politik der Union gegenüber Russland liege Polen bekanntlich sehr am Herzen. Wenn der erste Eindruck nicht trügt, steht vor den polnischen Diplomaten nun ein Berg von zusätzlicher Arbeit, um die EU unter Frau Ashton erneut von diesem Programm zu überzeugen.
RZECZPOSPOLITA: Schulter an Schulter bis zum Ende
In der Rzeczpospolita finden wir einen Kommentar zu den polnischen Plänen, das Kontingent in Afghanistan um 600 Soldaten zu vergrößern. Laut dem Rzeczpospolita Publizisten Piotr Gillert ist die Entscheidung der polnischen Regierung, den Amerikanern zu helfen, ein sinnvoller Schritt. Der Grund: Die Rede Obamas habe, so Gillert, der Afghanistan-Mission klare zeitliche Rahmen gegeben. 2011 soll demnach der Rückzug aus dem Nahen Osten beginnen. Bis dahin möchte Obama sichern, dass der afghanische Staatsapparat steht und selbst mit den Taliban fertig wird. Länger als weitere 1,5 Jahrekönne sich Amerika, was aus Obamas Ansprache hervorgehe, die Auseinandersetzung in Afghanistan sowieso nicht leisten. Bis zu diesem Moment sollte Polen in Afghanistan Schulter an Schulter mit den USA agieren. Im Namen der Einigkeit des nordatlantischen Bündnisses, von der unsere Sicherheit abhängt, betont Giller, ist Polen seit Anfang der Mission mit dabei. Und wenn wir weiterhin an die Kraft der NATO glauben, sollten wir auch bis zum Ende dabei bleiben. Besonders da wir seit gestern wissen, wann dieses Ende zu erwarten sei – so Piotr Gillert in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita.
DZIENNIK: Kulturboom trotz Krise
Auch in Krisenzeiten sparen die Polen nicht an Kultur. Das erfahren wir aus dem Dziennik. Bis Jahresende, schreibt das Blatt, werden die polnischen Kinos wahrscheinlich eine Rekordzahl von 38 Millionen Tickets verkaufen. Auch andere Zweige der Unterhaltungsbranche fühlen sich pudelwohl. Besser als in den Vorjahren verkaufen sich Theaterplätze, Karten für Konzerte internationaler Größen gehen weg wie warme Semmeln. Ein gutes Beispiel für den Drang nach Kultur, sei der November-Auftritt der deutschen Gruppe Rammstein. Das Konzert hat in dem Kattowitzer Spodek stattgefunden. Die Halle in Katowice bietet Platz für 10 000 Zuschauer, mit Preisen zwischen 50 und 100 Euro waren die Tickets nicht gerade billig. Trotzdem waren die Karten schon im Juli, einen Monat nach Verkaufsstart, ausverkauft. „Am meisten freut, schreibt in seinem Kommentar dazu der Dziennik- Publizist Jacek Wakar, „dass die Polen verstanden haben, dass der Kauf eines Tickets sich auszahlt, da er eine Investition in sich selbst ist und in einer weiteren Perspektive die zivilisatorische Entwicklung der ganzen Gesellschaft ermöglicht.“
adn