POLSKA/THE TIMES: Warschau braucht den Fluss
Warschau will sich verändern. Noch in diesem Jahr soll eine Ausschreibung zu der architektonischen Umgestaltung des zentralen Platzes um den Warschauer Hauptbahnhof herum, vergeben werden. Den Grundlagenplan für die Umgestaltung des Zentrums hat der weltberühmte Architekt, Professor Günther Vogt entworfen. In einem Gespräch mit der Tageszeitung Polska (Trzeba zacząć od okolic Pałacu Kultury) sagt Vogt, in Warszawa gäbe es sehr viele Grünanlagen, es mangle auch an öffentlichen Plätzen nicht. Das Problem sei aber, dass der öffentliche Raum oft schlecht entworfen wurde. Laut Günther Vogt sei die Architektur in der polnischen Hauptstadt interessant. Es sei eine Stadt mit vielen Gesichtern: einerseits die Altstadt, daneben Bürgerhäuser aus dem XIX. Jahrhundert, Nachkriegsarchitektur und moderne Hochhäuser. Fahre man durch die Stadt, verändert sich die architektonische Kulisse jede 10 Sekunden. Dies sei schwer zu verstehen, ohne die Geschichte zu kennen. Vogt habe sich Warszawa immer als eine Stadt vorgestellt, die mit dem Fluss eng verbunden sei. Umso mehr war der Architekt überrascht, dass die Weichsel vom öffentlichen Raum völlig abgetrennt sei, so Professor Günther Vogt im Gespräch mit dem Blatt Polska.
GAZETA WYBORCZA: Ali Agca ist frei
Ali Agca ist frei. Nach 29 Jahren Haft verlässt der türkische Ultranationalist, der ein Pistolenattentat auf Papst Johannes Paul II verübt hatte, das Gefängnis. Wird Agca das Papstgrab besuchen, wird er über das Attentat von 81’ etwas Neues sagen?
Nach fast 30 Jahren gibt es im Fall Agca immer noch sehr viele Unklarheiten, stellt die Tageszeitung Gazeta Wyborcza (Ali Agca na wolności) fest. Als er auf den Papst schoss, war Ali Agca ein arroganter, rebellierender Jugendlicher. Die schwarzen Haare verliehen seinem Gesicht einen noch schrecklicheren Ausdruck. Heute ist Agca grauhaarig. Seine rechte Hand ist teilweise gelähmt, er ist zuckerkrank. Noch vor kurzem fehlte ihm der obere Schneidezahn. Vor vier Jahren behauptete Agcas ehemaliger Rechtsanwalt, der Attentäter träume davon Krakau und Wadowice, den Geburtsort Wojtylas zu besuchen. Später erwähnte er noch, Aga möchte die polnische Staatsangehörigkeit beantragen. In der Tat bemühte sich Ali Agca um die polnische Bürgerschaft. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Im Gefängnis ist Agca zum Katholizismus übergetreten.
Laut Kritikern sei es ein gekonntes Manöver. Agca, der sich gut über den Johannes Paul den II. äußert? Dies sei ein Trick, sagt Ali Azun, ein türkischer Journalist. Obwohl er sein halbes Leben im Gefängnis verbrachte, hat Agca ein sehr gutes Gespür für Medien. Das Attentat auf Johannes Paul den II. erfolgte am 13. Mai 1981 in Rom. Aufsehen erregte der Papst, als er dem Attentäter schon auf dem Krankenbett in der Gemelli-Klinik vergab und ihn zwei Jahre nach der Genesung im Gefängnis besuchte.
RZECZPOSPOLITA: Patt-Situation in der Ukraine
Auch die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine sind ein wichtiges Thema in der polnischen Presse. Janukowitsch oder Timoschenko - wer Präsident der Ukraine werden wird, ist nach dem ersten Wahlgang nicht entschieden. Adam Daniel Rottfeld, ehemaliger Chef des polnischen Außenministeriums meint aber, Polen sollte die Beziehung mit der Ukraine nicht anhand von personellen Sympathien gestalten. Polen sollte einfach seinen jahrhundertelangen Nachbarn und eine große Nation die die Chance bekommen hatte, die eigene Identität aufzubauen, unterstützen.
Nach den gestrigen Wahlen waren russische Kommentatoren besonders zufrieden, stellt das Blatt Rzeczpospolita (Faworyci w drugiej turze) fest. Janukowitsch wäre für Russland eine besserer Partner, da er nicht so eng wie seine Konkurrentin mit Europa verbunden sei, meint der russische Politologe Siergiej Michiejew. Timoschenko sei unvorhersehbar, die Zusammenarbeit mit ihr könnte für Russland problematisch sein. Dies bedeute nicht, dass Moskau auf Janukowitsch gesetzt hat. Moskau sei einfach auf beide Varianten vorbereitet.
kk