Dziennik Gazeta Prawna, Gazeta Wyborcza, Rzeczpospolita: Kraków wird zur Hauptstadt der ganzen Welt
Schon gestern Nachmittag war es klar, dass der Vulkanausbruch in Island europaweit Probleme bereiten wird. Gestern Abend wurde der nord-westliche Teil des Luftraumes über Polen gesperrt. Seit heute Morgen sind die meisten polnischen Flughäfen geschlossen. Dies könne die Organisation der Bestattungsfeierlichkeiten des Präsidentenpaares in der Kathedrale der Wawel-Burg in Krakow erschweren - lesen wir in der Zeitung Dziennik Gazeta Prawna. Die Königsstadt sollte am Sonntag die Hauptstadt der Welt werden, die traurigste Hauptstadt, schreibt das Blatt weiter. Bis gestern haben 80 Staatsoberhäupter aus allen Teilen der Welt angekündigt, an der Beisetzung des polnischen Präsidenten und seiner Gattin teilzunehmen. Die Vertreter Russlands und Georgiens, der USA und des Irans, Israels und der Palästinensischen Autonomiegebiete nebeneinander? Die Zeremonie der Bestattung von Lech Kaczynski sollte sie zumindest für einige Stunden vereinen. Nun ist es unsicher, ob sie überhaupt nach Krakow kommen.
Der amerikanische Präsident Barack Obama sollte am Sonntagmorgen in der polnischen Königsstadt landen. Ein Vertrauter der Regierung sagte der Zeitung Rzeczpospolita, dass das Weiße Haus die Situation ununterbrochen beobachte, und dass sowohl eine Absage der Reise nach Polen als auch alternative Flugstrecken in Betracht gezogen werden. Der russische Präsident Dmitrij Medvedev hat bereits drei Tage nach dem Flugzeugabsturz angekündigt, an der Bestattungs-Zeremonie teilzunehmen. Das sollte seine erste Reise nach Polen sein. Wenn alles nach Plan läuft, wird Großbritannien von Prinz Charles repräsentiert. Aus Deutschland reisen Bundekanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Horst Köhler an. Die Tageszeitung Gazeta Wyborcza schreibt von einer schönen Geste des deutschen Außenministeriums, das beschlossen hat, die Berliner Filharmoniker nach Krakow zu schicken und die damit verbundenen Kosten zu decken. Sie sollen am Sonntag auf der Wawel-Burg ein Konzert geben.
Eine Reise nach Polen haben auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, König und Premierminister von Spanien, Juan Carlos und Jose Luis Zapatero, geplant. Bis gestern war es noch nicht klar, wer Italien repräsentieren soll. Aus der Ukraine kommen sowohl Präsident Wiktor Janukowycz als auch auch der ehemalige Präsident Wiktor Juszczenko. Auf der Liste der ausländischen Delegationen, die die Gazeta Wyborza abgedruckt hat, finden wir auch den langjährigen Freund von Lech Kaczynski, Micheil Saakaszwili, den Präsidenten Georgiens, sowie die Staatsoberhäupter Tschechiens, Vaclav Claus, der Slowakei, Ivan Gaszparovic, Ungarns, Laszlo Solyom, Bulgariens Georgi Pyrwanow und Kroatiens, Ivo Josipovic.
Zudem werden folgende Staats- und Regierungsvertreter auf der Wawel-Burg erwartet: Vertreter Albaniens, Schwedens, des Kosovo, Mazedoniens, Kanadas, Chinas, Australiens, Neuseelands und Indiens. Auch internationale Organisationen wie die NATO, das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der Europa-Rat planen, ihre Vertreter zu entsenden.
Gazeta Wyborcza: Wir danken euch für eure Anteilnahme
Die Tageszeitung Gazeta Wyborcza druckt heute auch einen Brief ihres Chefredakteurs Adam Michnik, der an alle Russen gerichtet ist. Der Brief steht im Zusammenhang mit der Katastrophe des polnischen Präsidentenflugzeuges im russischen Smolensk. Er ist in zwei Sprachen verfasst - Polnisch und Russisch.
Michnik schreibt darin: "Wir danken euch, unseren Brüdern, für eure Anteilnahme, euer Verständnis, für eure spontane Solidarität mit uns und jede Hilfe nach der Katastrophe.“ Das Massaker von Katyn“, so schreibt Michnik in der Gazeta Wyborcza weiter, „hat die Polen und die Russen wie kein anderes Ereignis des 20. Jahrhunderts entzweit“. Michnik betont aber in seinem Brief an die Russen, dass die Flugzeugkatastrophe von Smolensk die polnischen und russischen Herzen gerührt hat. Durch dieses tragische Ereignis, so meint der Chefredakteur, habe sich eine Art Schleuse geöffnet, die bisher viele Worte und Gesten verhindert hat. Die ganze Welt erfuhr in den letzten Tage von dem Massaker vor 70 Jahren und die russischen Politiker haben beispiellos gehandelt. Die Vorführung von Andrzej Wajdas Film "Katyn" im staatlichen Fernsehen, die Worte von Präsident Medvedev, in denen er öffentlich bekannt hat, dass die 22 Tausend polnischen Offiziere auf Stalins Befehl ermordet wurden, und andere bedeutende Gesten von Premierminister Putin sind Grundsteine für neue polnisch-russische Beziehungen, stellt Adam Michnik in seinem Brief an die Russen fest.
k.l.