http://www2.polskieradio.pl/eo/dokument.aspx?iid=132799

Die letzten Minuten in der Präsidentenmaschine

02.06.2010

POLSKA/THE TIMES: Die wichtigste Frage bleibt offen


Die Aufzeichnung der Tragödie, so betitelt die Tageszeitung Polska/The Times (Oto zapis dramatu) den Artikel auf der ersten Seite. Das Blatt druckt heute den Text der Stenogramme mit den Piloten–Gesprächen aus der verunglückten polnischen Präsidentenmaschine. Gestern hatte die polnische Regierung entschieden, die Stenogramme zu veröffentlichen. Am Tag zuvor hatte Innenminister Jerzy Miller die Daten aus den Flugschreibern der Präsidentenmaschine von Moskau nach Warschau gebracht. Auf diese Veröffentlichung hat ganz Polen seit dem 10 April mit Spannung gewartet, schreibt das Blatt. Das Dokument enthält Gespräche, die in den letzten 38 Minuten des Fluges im Cockpit geführt wurden. Die Stenogramme bestätigen das, was bislang vermutet wurde. Sie geben aber keine Antwort auf die wichtigste Frage: Was war die direkte Ursache der Katastrophe? Die Piloten wussten genau, dass die Wetterlage in Smolensk sehr schlecht war. Der Befehlshaber der Polnischen Luftstreitkräfte, General Blasik, saß bis zum tragischen Ende in der Pilotenkabine. Hat er Druck auf die Piloten ausgeübt? Haben die Piloten den Ernst der Lage unterschätzt? Diese Fragen bleiben offen, schreibt Polska/The Times.

 

POLSKA/THE TIMES: Polen braucht keine historischen Opfer mehr


In seinem Kommentar schreibt der Chefredakteur der Tageszeitung Polska/The Times, dass die Stenogramme einerseits das bestätigt hätten, was bislang die Journalisten vermutet haben. Andererseits würden sie aber auch die Feststellung untermauern, dass es zu dieser Katastrophe nicht kommen musste. Gar schreibt Pawel Fafara, es durfte zu dieser Katastrophe nicht kommen. Es sei an der Zeit, dies deutlich zu artikulieren, meint der Journalist. Das Dokument sei ohne Zweifel sehr dramatisch. Nicht aber, weil es die letzten Momente vor der Tragödie zeige. Die Stenogramme seien dramatisch, weil sie bestätigen, dass die Passagiere und die Crew Opfer der Überzeugung waren, dass die Regeln und Prozeduren im Fluggeschäft nicht ganz ernst zu nehmen sind, und dass die VIP’s über diesen Regeln stehen. Zweifellos wäre es zu dieser Katastrophe nicht gekommen, wenn sich die Piloten streng an die Regeln der Flugkunst gehalten hätten. Den Landeversuch hätte es gar nicht geben sollen, so Fafara. Es gehe nicht darum, irgendjemanden zu beschuldigen. Die Stenogramme erklären nur einen Teil der Tragödie vom 10. April. Es würden immer noch andere wichtige Daten fehlen. Doch die Botschaft sei schon jetzt klar: Die Polen wollen ihr Leben in keinen historischen Katastrophen mehr opfern. Und schon gar nicht, wenn es zu diesem Opfer keinen Grund gibt, so der Chefredakteur der Tageszeitung Polska/The Times, Pawel Fafara, in seinem Kommentar.

 

GAZETA WYBORCZA: Parteien-Streit über Stenogramme

Die Veröffentlichung der Stenogramme löste einen heftigen Streit zwischen den größten polnischen Parteien aus, berichtet die Tagezeitung Gazeta Wyborcza (Awantura o stenogramy). Die oppositionelle PiS-Partei meint, die Veröffentlichung des Dokuments habe keine Zweifel über die Katastrophe beseitigt. Der Parteisprecher Mariusz Blaszczak sagt, dass die Stenogramme nichts über die Ursachen des Flugzeugunglücks enthüllen, solange sie nicht um die Aussagen der Flugkontolleure aus Smolensk ergänzt werden. Die Regierungspartei spiele mit der Katastrophe, fügt Blaszczak hinzu. Die Regierungsseite antwortet, man habe entschieden, das Dokument zu veröffentlichen, um Spekulationen zu vermeiden. Andernfalls würden sich sofort Stimmen erheben, dass die Regierung die Daten aus den Flugschreibern von der russischen Seite bekommen habe, sie aber nicht publik machen wolle. 

 

kk