RZECZPOSPOLITA: Polens Selbst-Marketing ist zu schwach
Polen ist nicht mehr attraktiv genug für ausländische Investoren. Nicht einmal mehr der gute Zustand der polnischen Wirtschaft kann internationale Firmen anlocken. Das schreibt heute die Rzeczpospolita und bezieht sich auf einen Bericht der Unternehmensberater von Ernst&Young (Polska już nie taka atrakcyjna). Demnach ist die Zahl der Arbeitsplätze, die dank ausländischer Investitionen entstanden sind, im vergangenen Jahr um die Hälfte gesunken. Waren es im Jahr 2008 noch 15.500, betrug die Zahl 2009 schon nur noch 7.500. Ganz empfindlich getroffen hat es dabei die polnische Industrie. Im Ranking, das anzeigt, wie viele neue Arbeitsplätze geschaffen wurden, ist Polen demnach abgerutscht. Belegte es vor einem Jahr noch den zweiten Platz, muss es sich nun mit dem fünften zufriedengeben.
Polen ist selbst Schuld, meint die Rzeczpospolita. Es fehlt dem Land an Selbst-Marketing. Die Regierung hat sich auf den guten Ergebnissen ausgeruht und hat es verschlafen, neue Investoren zu überzeugen, dass Polen attraktiv ist. Warum gibt es eigentlich keine internationalen Werbekampagnen unter dem Motto „Polen, das sich am schnellsten entwickelnde Land in der EU“, fragt die Zeitung. Die Polen loben sich immer dafür, innerhalb von 20 Jahren eine funktionierende Wirtschaft auf die Beine gestellt zu haben in einem stabilen, berechenbaren Staat. Innerhalb der Landesgrenzen funktioniert die Kampagne sehr gut. Dabei wäre es doch umso wichtiger, dass auch das Ausland um die polnischen Erfolge wüsste, schreibt die Rzeczpospolita.
DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Deutsch-russischer Sicherheitspakt irritiert Partner
Schon am Montag haben Russland und Deutschland beschlossen, in Sicherheitsfragen künftig noch enger zusammenzuarbeiten. Eine reichlich überraschende Entscheidung, meint heute die Zeitung Dziennik/Gazeta Prawna (Niemiecko-rosyjski pakt zaskoczył partnerów). Denn wie es aussieht, wurden die europäischen Partner nicht über die Pläne informiert. Das Memorandum, das während des Besuchs des russischen Präsidenten in Berlin unterschrieben wurde, sieht die Ernennung einer Kommission auf EU-Ebene vor, die sich mit Sicherheitsfragen in Bezug auf den alten Kontinent beschäftigt. Gemeint sind damit Konflikte wie etwa der Streit zwischen der Republik Moldau und den Separatisten der Moldawischen Region Transnistrien. Die Republik Moldau hat die neue Initiative begrüßt, doch der Großteil der EU-Länder äußerte sich kritisch. Schließlich gebe es schon eine beachtliche Anzahl von Partnerinstitutionen zwischen der EU und Russland, die sich mit Sicherheitsfragen befassen. Die Arbeit werde nun also doppelt und dreifach gemacht, schreibt Dziennik.
Die neue Institution habe jedoch für Russland große Bedeutung, um seine angestrebte neue Sicherheitsordnung in Europa durchzusetzen. Bisher wurde diese in der EU ignoriert. Die Partnerschaft mit Deutschland stellt nun einen konstruktiven Vorschlag dar, den die EU nicht mehr übergehen könne, erklärt der deutsche Experte für Außenpolitik, Stefan Meister. Moskau versucht also, Deutschland mit allen Mitteln von seinen Ideen zu überzeugen. Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich im Juli, wenn sich Russland und Deutschland in Jekaterinburg treffen, meint die Zeitung Dziennik.
GAZETA WYBORCZA: Polen will bei Euro-Rettung mitreden
Die polnische Regierung hat gestern einen Ausflug gemacht – und zwar nach Brüssel. Noch nie sind zu einem Treffen der Europäischen Kommission so viele Regierungsvertreter eines Landes angereist, schreibt die Zeitung Gazeta Wyborcza (Powstrzymać klub Euro). Das Treffen war wichtig. Denn das oberste Ziel von Premierminister Donald Tusk war es, ein Europa der zwei Geschwindigkeiten aufzuhalten. Denn auch wenn Polen nicht Mitglied in der Euro-Zone ist, möchte es doch an der Rettung der Währung beteiligt sein. Dem gegenüber steht ein Vorschlag von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Er hält es für sinnvoll, einen „Club der 16“ zu gründen. Polen hätte dann kein Mitspracherecht mehr, wenn es um Euro-Entscheidungen ginge. Auch die EU-Kommission steht dieser Idee kritisch gegenüber und hat das gestern noch einmal klar gemacht. Polen alleine wäre wohl zu schwach, um gegen Frankreich anzukommen. Doch mit Kommissionspräsident Barroso im Rücken könnte die Bildung eines „harten Kerns“ gestoppt werden, schreibt die Gazeta Wyborcza.
Das zweite große Anliegen Tusks war die Vorstellung seines Programms für die polnische EU-Ratspräsidentschaft. Ab Juli 2011 wird Polen den EU-Rat leiten und hat sich zum Ziel gesetzt, die Energie-Sicherheit in der Union voranzubringen. „Irgendwann wird es auch einen gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl geben, aber im Moment müssen wir uns erst einmal auf Öl und Gas konzentrieren“, zitiert die Gazeta Wyborcza Premierminister Donald Tusk.
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