Gazeta Wyborcza: Lokalpolitiker nutzen ihre Position im Wahlkampf aus
Mit großer Spannung werden in Polen die Kommunalwahlen erwartet. Der Wahlkampf dauert schon seit Wochen und geht langsam in seine heiße Phase über. Einige amtierende Lokalpolitiker nutzen jedoch ihre Position schamlos aus, um sich ihre Wiederwahl zu sichern. Das schreibt die Gazeta Wyborcza in ihrer heutigen Ausgabe. Sie kontrollieren lokale Zeitungen, schalten Anzeigen und teure Werbespots im Fernsehen – finanziert wird das alles mit öffentlichen Geldern. Die Gazeta Wyborcza kritisiert z.B. Pawel Kowzan, Landrat im Kreis Szamotuly. In der Lokalzeitung „Fakty Szamotulskie“ erscheinen laut Gazeta Wyborcza regelmäßig wahre Lobeshymnen auf den Politiker. Mal eröffnet er eine von ihm renovierte Schule, ein anderes Mal überreicht er Schülern Stipendien. Jeder Bericht enthält stets ein großformatiges Foto des Landrates. Seinen politischen Gegnern wird regelmäßig Inkompetenz vorgeworfen, Kritik an Kowzan selbst sucht man jedoch vergebens. Äußerlich unterscheiden sich die „Fakty“ kaum von anderen lokalen Zeitungen. Doch finanziert werden sie vom Landkreis, in der Redaktion arbeiten neben dem Pressesprecher Kowzans auch ihm unterstehende Beamte.
Einen anderen Fall beschreibt die Gazeta Wyborcza in der Stadt Bydgoszcz. Anfang Oktober schaltete die Stadt Beilagen im Wochenmagazin Newsweek und in der größten polnischen Tageszeitung Fakt. Auf vier Seiten wurden ausführlich die Erfolge des amtierenden Präsidenten der Stadt, Konstanty Dombrowicz, beschrieben. Bydgoszcz sei eine moderne, sich gut entwickelnde Stadt – „Eine Stadt für Generationen“. Zufällig ist das auch der Name des Vereins, der für die Wiederwahl von Dombrowicz wirbt. Für Wiktor Swietlik vom Zentrum zur Überwachung der Pressefreiheit sind diese Vorgänge schockierend. Der demokratische Prozess und die Entwicklung der Bürgergesellschaft seien in Gefahr. Diese Beispiele, so Swietlik, würden die beunruhigende Mentalität vieler Lokalpolitiker in Polen bloßstellen.
Rzeczpospolita: Die Warschauer Börse geht an die Börse
Die Warschauer Börse ist gestern an die Börse gegangen. Und der offizielle Start der Aktie wurde groß gefeiert, wie die Rzeczpospolita in ihrer heutigen Ausgabe schreibt. Nicht nur der Finanzminister und der Präsident der Warschauer Börse waren anwesend, sondern auch Premierminister Donald Tusk. Dieser zeigte sich begeistert. Vor über 20 Jahren hätten nur wenige daran geglaubt, dass es in Polen eine Börse und freie Marktwirtschaft geben würde, zitiert die Zeitung den polnischen Premier. Er selbst habe zwar fest daran geglaubt, gleichzeitig aber überhaupt nicht gewusst, wie diese Dinge funktionieren.
So viel Euphorie kann verwundern. Doch die Warschauer Börse ist kein einfaches Unternehmen. Sie ist auch ein Symbol für den Erfolg der freien Marktwirtschaft in Polen und erinnert an die oft schmerzhaften Reformen, die den Übergang von sozialistischer Planwirtschaft zum Kapitalismus ermöglichten. Doch jenseits aller Symbolträchtigkeit war der gestrige Börsengang auch ein wirtschaftlicher Erfolg. Das Interesse an den Aktien war riesig, investiert hatten über 320 Tausend Kleinanleger und etwa 250 Institutionen. Sofort nach dem Börsenstart stieg der Wert der Aktie um 18 Prozent.
Die große Nachfrage nach der Aktie sei ein Beweis dafür, dass Polen sich in normalen Bahnen entwickelt und für Investoren aus der ganzen Welt interessant ist, sagte der polnische Präsident Bronislaw Komorowski. Der Börsengang läutet nach 20 Jahren auch das Ende der großen Privatisierungen in Polen ein, so die Rzeczpospolita. Fast alle wichtigen Staatsunternehmen seien bereits privatisiert worden. In Staatshand verbleiben nur noch Unternehmen mit großen wirtschaftlichen Problemen, wie etwa Bergwerke oder die polnische Eisenbahn.
fz