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Kaczynski wirft Tusk Unterwürfigkeit vor

20.01.2011

Rzeczpospolita: Tusk kämpft lieber mit der Opposition, als mit Russland

Die Flugzeugkatastrophe von Smolensk und die Kontroverse um den MAK-Bericht dominieren auch heute die Titelseiten der polnischen Tageszeitungen. Der Sejm war gestern Zeuge einer emotionalen Debatte: Premierminister Donald Tusk verteidigte vor dem Parlament das Vorgehen seiner Regierung im Zusammenhang mit dem russischen Untersuchungsbericht. Die Opposition hingegen warf ihm Unterwürfigkeit gegenüber Russland vor – „die Würde und die Freiheit des Landes“ seien in Gefahr, so der Vorsitzende der Partei Recht und Gerechtigkeit PiS Jaroslaw Kaczynski.

Der Streit um den richtigen Umgang mit dem MAK-Report und die Haltung gegenüber Russland beschäftigt heute auch die Kommentatoren der großen polnischen Tageszeitungen. Der Kommentator der konservativen Zeitung Rzeczpospolita, Piotr Zaremba, lässt kein gutes Haar an Premierminister Donald Tusk und seinen Ministern. Laut Zaremba hat Tusk gestern eine Entscheidung getroffen: Anstatt die unwahre russische Version der Ereignisse zu verurteilen, habe er sich während seines Auftritts im Sejm darauf konzentriert, die PiS-Partei anzugreifen. Zaremba meint: Für den polnischen Premier sind seine persönlichen Befindlichkeiten und seine offenen Rechnungen mit der Opposition wichtiger als das Interesse Polens. Die diplomatische Auseinandersetzung mit Russland halte Tusk wohl für „eine überflüssige Extravaganz“. Bei den Ermittlungen zur Smolensk Katastrophe habe die polnische Regierung von Anfang an zahlreiche Fehler gemacht. Laut Zaremba hat sie nach der Katastrophe die Möglichkeit versäumt, die Schaffung einer gemeinsamen polnisch-russischen Ermittlungskommission zu verlangen. Das hätte Polen die Möglichkeit gegeben, im Zweifelsfall ein Veto gegen den MAK-Report auszusprechen. Viel zu spät habe die polnische Seite auch das Thema der russischen Fluglotsen und ihrer Mitverantwortung für das Unglück aufgegriffen.

Während der gestrigen Sejm-Debatte hat Donald Tusk nicht einmal versucht diese Fehler seiner Regierung zu rechtfertigen, so Zaremba. Die Opposition sei in ihrer Kritik manchmal zu scharf, letztendlich habe sie aber mit ihren Vorwürfen und Forderungen  „zu 100 Prozent“ Recht, schreibt Piotr Zaremba in der Rzeczpospolita.

 

Gazeta Wyborcza: Jaroslaw Kaczysnki ist nichts heilig, wenn es darum geht zurück an die Macht zu kommen.

Ein ganz anderes Licht wirft der Kommentator der linksliberalen Tageszeitung Gazeta Wyborcza, Jaroslaw Kurski, auf die gestrige Debatte. Die PiS-Partei spreche hochtrabend von der Ehre der Nation, die angeblich von den Russen mit Füßen getreten wird. Gleichzeitig lasse sie nichts unversucht, um die polnische Regierung herabzuwürdigen. Kurski sieht in der Strategie von Jaroslaw Kaczynski nur ein Ziel: Zurück an die Macht zu kommen. Und dafür ist er bereit, alles zu tun, sogar eine nationale Tragödie auszunutzen. Mit ihrer bedingungslosen Kritik an Donald Tusk schwächt die PiS-Partei den polnischen Premier und tut dabei Putin einen Gefallen.

Die polnische Regierung steht laut Kurski vor einer schwierigen Aufgabe: Sie muss das Interesse Polens in einer äußerst heiklen Auseinandersetzung mit Russland verteidigen. Auf die Solidarität aller politischen Kräfte im Land könne sie sich dabei aber kaum verlassen. Stattdessen werden ihre Bemühungen von allen Seiten torpediert und ihre Position damit geschwächt. Premierminister Tusk hat sich nach Kurskis Einschätzung nichts vorzuwerfen. Die entschiedene und würdige Haltung Polens gegenüber dem russischen Partner habe es überhaupt erst ermöglicht, dass die russische Ermittlungskommission die Mitschnitte aus dem Tower des Unglücksflughafens veröffentlich hat. Die Polen sollten laut Kurski endlich anfangen, vor der eigenen Haustür zu kehren. Nicht mit Russland, sondern mit der eigenen Inkompetenz, Verantwortungslosigkeit, Zerstrittenheit und manchmal auch Dummheit müsse gekämpft werden, so Kurski in der Zeitung Gazeta Wyborcza.


 

Gazeta Wyborcza: Patienten ohne Grenzen

Das polnische Gesundheitssystem genießt – wohl zurecht – keinen besonders guten Ruf. Eine kürzlich verabschiedete EU-Richtlinie könnte aber dazu führen, dass künftig viele Westeuropäer und vor allem Deutsche nach Polen kommen, um sich dort behandeln zu lassen. Das berichtet die Gazeta Wyborcza in ihrer heutigen Ausgabe. Die neuen Regelungen sehen die Schaffung einer medizinischen Schengen-Zone vor. Zwar erstatten die meisten europäischen Krankenkassen bereits jetzt die Behandlungskosten im Ausland, aber nur im Notfall. Also etwa dann, wenn ein Tourist im Urlaub plötzlich krank wird oder sich das Bein bricht.

Das ändert sich mit der neuen Vorschrift. Nun sind die Krankenkassen dazu verpflichtet auch „geplante“ Behandlungen im Ausland zu bezahlen. So könnte sich also ein polnischer Patient einfach von einem deutschen Augenarzt behandeln lassen, um die oftmals monatelangen Warteschlangen  bei polnischen Ärzten zu vermeiden. Der Haken an der Sache: Der polnische Gesundheitsfonds erstattet nur die Summe, die der Patient bei einer Behandlung in Polen hätte bezahlen müssen. Da die Behandlungskosten in Westeuropa aber in der Regel viel höher sind, werden laut Gazeta Wyborcza wohl nur wenige Polen von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Deutsche Krankenkassen hingegen könnten ihre Patienten künftig sogar dazu ermutigen, sich in Polen behandeln zu lassen. Sogar wenn sie für die Reise- und Übernachtungskosten aufkommen, würde sich das trotzdem für sie lohnen. Das meint zumindest der Vorsitzende der polnischen Ärztekammer Maciej Hamankiewicz. Die polnischen Ärzte freuen sich, doch laut Gazeta Wyborcza gibt es ein Problem: Eine Flut von westlichen Patienten würde die ohnehin schon beträchtlichen Wartezeiten bei polnischen Ärzten noch weiter verlängern.

Autor: Filip Żuchowski

Redaktion: Elisabeth Lehmann