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Smolensk – was wissen wir ein Jahr nach der Katastrophe

10.04.2011

Polityka: Smolensk – was wissen wir ein Jahr nach der Katastrophe

Was wissen die Polen über die Ursachen der Smolensk-Katastrophe von vor einem Jahr? Ergebnisse der neuesten Meinungsumfragen bringt in dieser Woche die Polityka. Demnach sind die Polen ein Jahr nach der Katastrophe desorientiert. Auf die Frage danach, wer schuld sei an dem Unglück, hat ein Drittel der Befragten geantwortet „schwer zu sagen“.  Ein weiteres Drittel gibt der polnischen Seite die Schuld an der Katastrophe, knapp jeder vierte Pole hält die russische Seite für schuldig. Zehn Prozent der Befragten sind von einem Anschlag überzeugt. Was waren die Ursachen der Katastrophe? Hier herrscht Ratlosigkeit:  Fast 80 Prozent der Polen halten die Ursachen des Flugzeugabsturzes weiterhin für teilweise oder gänzlich ungeklärt. Es kann daher überraschen, dass die Regierung trotz allem recht gute Noten sammelt. Knapp 60 Prozent der Polen sind der Meinung, dass das Kabinett Tusk gut mit dem Unglück vom 10. April zurechtgekommen ist. Und was halten die Polen davon, wie mit dem Absturz der Präsidentenmaschine umgegangen wird? Für knapp vierzig Prozent ist es ein tragisches Ereignis, das man zu politischen Zwecken missbraucht.

Newsweek: Stopp dem Streit um Smolensk

Fehlende Einigkeit nach dem Smolensk - Unglück ist auch ein wichtiges Thema für die Chefredakteure der wichtigsten polnischen Wochenmagazine.
Smolensk hätte eigentlich zu mehr Einigkeit in Polen führen können. Und das hat es auch, allerdings ganz anders als erwartet, bedauert der Chefredakteur des Wochenmagazins Newsweek Wojciech Maziarski. Denn laut Meinungsumfragen seien ein Jahr nach der Katastrophe 80 Prozent der Polen von dem Thema gelangweilt oder irritiert. 90 Prozent seien der Meinung, dass die Katastrophe zu politischen Zwecken missbraucht wird. Sagt „Stopp“ ruft Maziarski auf. Versuchen wir, den ersten Jahrestag der Katastrophe würdig zu begehen. Die 96 Opfer verdienen von uns diese Anstrengung, der Chefredakteur von Newsweek Polska.

Wprost: Zwei polnische Staaten, zwei polnische Völker

Auch der Leiter der Wochenzeitschrift Wprost Tomasz Lis schlägt ähnliche Töne an. Polen habe eine große Chance verspielt.  Die schreckliche Katastrophe, die das Volk hätte vereinen können, habe es definitiv geteilt. Smolensk hätte für die jungen Menschen eine Lektion der Größe der Staates sein können, eine Erfahrung der Macht der für das Volk wichtigsten Werte. Stattdessen hätten die jungen Menschen die Kleinheit vieler Politiker und eine zynische Haltung gegenüber der Tragödie zu sehen bekommen. Sie haben ein Bild zweier polnischer Staaten und zweier Völker gesehen. Lange werden sie kein anderes zu sehen bekommen, bedauert Lis.

Uwazam Rze: Keine Versöhnung ohne Buße

Einen anderen Aspekt der Debatte greift der Chefredakteur des konservativen Wochenmagazins Uwazam Rze Pawel Lisicki auf. Letztens, so Lisicki, höre er im Lande immer mehr Stimmen, die zur Einheit aufrufen. In letzter Zeit  werde er jedoch immer skeptischer (Zitat): „Denn ist eine Versöhnung möglich, ohne dass wenigstens zwei Bedingungen erfüllt werden? Die erste ist eine größere Bereitschaft, die Opfer der Katastrophe zu ehren, der zweite sind Konsequenzen gegenüber den Verantwortlichen. Das Präsident Lech Kaczynski bisher kein Denkmal in Warschau hat und das niemand die politischen Konsequenzen für das Unglück tragen musste, erschwert eine tatsächliche, reale Versöhnung“, so Lisicki in seiner Einleitung zur aktuellen Ausgabe von Uwazam Rze. 

Newsweek: Smolensk-Bericht wird bitter für Polen

Stichwort Verantwortliche und Konsequenzen. Laut Informationen, an die Newsweek gelangt ist, könnte der Bericht über die Katastrophe, den Innenminister Jerzy Miller vorbereitet, bitter für die polnische Seite ausfallen. Laut Newsweek werden zu den negativen Helden des Berichtes Verteidigungsminister Bogdan Klich und der Chef der Kanzlei des Premierministers Tomasz Arabski gehören. Klich ist als Verteidigungsminister für die Standards und die Prozeduren in der Armee und für die Kompetenzen der Piloten verantwortlich, die mit VIPs fliegen. Arabski indes war für die Organisation des Fluges nach Smolensk verantwortlich. Auch die Armee, lesen wir in Newsweek, wird in dem Bericht nicht gut wegkommen. Einer der Vorwürfe: Die Verantwortlichen seien bei der Wahl des Teams für den Flug nicht allen Prozeduren gefolgt.
Der Bericht von Innenminister Jerzy Miller zur Smolensk-Katastrophe soll bis Juli fertig sein. 

Autor: Adam de Nisau
Redaktion: Joachim Ciecierski