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Trauerfeierlichkeiten in Smolensk - Durchbruch oder Stillstand?

12.04.2011

Gazeta Wyborcza: Die Wunde von Katyn schließt sich

Fast alle polnischen Tageszeitungen berichten heute auf ihren Titelseiten über die gestrigen Gedenkfeierlichkeiten in Smolensk. Das Treffen Komorowskis und Miedwiediews sei ein gutes Zeichen, schreibt der Kommentator der Zeitung Gazeta Wyborcza Marcin Wojciechowski. Es ist das erste Mal, dass ein russisches Staatsoberhaupt persönlich an den Gedenkfeierlichkeiten zur Ehren der in Katyn ermordeten polnischen Offiziere teilnimmt. Boris Jelcyn habe sich nicht dazu durchringen können und Wladimir Putin habe an den Trauerfeierlichkeiten erst als Ministerpräsident teilgenommen. Doch die bloße Anwesenheit des russischen Präsidenten sei nicht das einzige positive Signal, so Wojciechowski. Medwedew habe gesagt, dass der Mord von Katyn von „den damaligen Machthabern der Sowjetunion“ begangen wurde. Das sei an sich nichts Neues – auch aus dem Munde Wladimir Putins seien schon ähnliche Worte zu hören gewesen. Doch wichtiger als das, was Miedwiediew gesagt habe – so Wojciechowski – sei das, was er nicht gesagt habe. Der russische Präsident habe den Mord von Katyn nicht relativiert, wie das russische Politiker in der Vergangenheit sehr häufig getan hatten. Weder habe Medwedew hinzugefügt, dass auch die Völker der Sowjetuniton Opfer des stalinistischen Terrors waren, noch habe er an das Schicksal russischer Kriegsgefangener erinnert, die 1920 in polnischen Gefangenlagern durch Hunger und Krankheit starben. 21 Jahre sind vergangen, seit Moskau offiziell anerkannt habe, dass für das Verbrechen Katyn nicht Deutschland, sondern die Sowjetunion verantwortlich war. Nach all den Jahren könne man einen eindeutigen Fortschritt erkennen. Es sei Zeit, dass die Wunde von Katyn endlich geschlossen wird, so Marcin Wojciechowski in der Gazeta Wyborcza.

Rzeczpospolita: Das war kein Durchbruch, sondern Provokation

Überwiegend negative Bewertungen der gestrigen Trauerzeremonie lesen wir hingegen in der Rzeczpospolita. Für die Kommentatoren steht die Kontroverse um die Gedenktafel für das Flugzeugunglück von Smolensk im Vordergrund. Am Freitag war die aus polnischer Initiative in der Nähe des Unglücksortes angebrachte Gedenktafel durch eine neue Tafel ersetzt worden. Auf ihr fehlt der Satz, dass die Insassen der Unglücksmaschine auf dem Weg zu den Trauerfeierlichkeiten für die Opfer des „Völkermords von Katyn“ waren. Der Besuch Komorowskis in Smolensk sei keineswegs ein großer Schritt nach vorne gewesen, schreibt der Politologe Wlodzimierz Marciniak. Für ihn steht fest: Durch die Aktion wollte Russland die polnische Seite austesten. Wie viel Schmerz und Erniedrigung ist die polnische Regierung bereit, im Namen der Versöhnung beider Länder zu ertragen? Die versöhnlichen Gesten Komorowskis  bei der Zeremonie hätten den Russen gezeigt, dass sie gegenüber Polen sehr weit gehen können, so der Politologe. Die Gesten der Versöhnung würden im klaren Gegensatz zu der realen Politik Russlands stehen. Dazu gehört laut Marciniak auch, dass die russische Staatsanwaltschaft nun polnische Minister verhören will, die für die Vorbereitung des Unglücksfluges verantwortlich waren. Das ist eine weitere Provokation gegenüber Polen, so Wlodzimierz Marciniak in der Rzeczpospolita.

Gazeta Wyborcza: Tag der Einkommensgleichheit in Polen

Heute wird in Polen der Tag der Einkommensgleichheit von Frauen und Männern begangen. Zu Recht, denn immer noch verdienen Frauen in Polen bis zu einem Drittel weniger als ihre männlichen Kollegen. Das schreibt heute die Gazeta Wyborcza unter Berufung auf eine neue Studie. Nicht alle Unterschiede lassen sich jedoch auf Diskriminierung zurückführen. Besonders bei schlechter ausgebildeten Menschen spielt die Berufswahl der Geschlechter eine wichtige Rolle. Männer ergreifen schlicht viel häufiger anstrengende und gefährlichere, aber auch besser bezahlte Berufe, wie etwa den des Bergarbeiters. Aber auch bei Akademikern greifen solche Unterschiede: Männer entscheiden sich viel häufiger als Frauen für den lukrativen Ingenieurberuf. Ist die These von der fehlenden Gleichbehandlung von Frauen und Männern also nur ein Missverständnis? Nicht ganz, schreibt die Gazeta Wyborcza. Den auch für die gleiche Arbeit in den gleichen Firmen bekommen Frauen sehr häufig weniger Geld. Dabei gilt die Regel: Je höher der Posten, desto größer der Unterschied. Auf der mittleren Managementebene verdienen Männer im Durchschnitt etwa 250 Euro mehr als Frauen. Und weibliche Direktoren oder Vorstandsvorsitzende erhalten sogar bis zu 1000 Euro weniger als ihre männlichen Kollegen, so die Gazeta Wyborcza. Das könne auch daran liegen, dass man auf solch hohen Posten über sein Gehalt verhandeln muss. Und damit kämen Frauen schlechter zurecht, zitiert die Zeitung den Soziologen Tomasz Szlendak.

Autor: Filip Żuchowski  

Redaktion: Adam de Nisau