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Polen im Stadionfieber

10.05.2011

Rzeczpospolita: Polen ist im Stadionbaufieber

Eine durchaus überraschende Nachricht präsentiert heute die Tageszeitung Rzeczpospolita auf ihrer Titelseite. Polen ist Weltmeister im Stadionbauen. Das mutet etwas seltsam an in einem Land, in dem man sich bis vor kurzem noch regelmäßig gefragt hat, ob die neuen EM-Stadien pünktlich zum großen Fußballfest im nächsten Jahr fertig werden. Und doch: Laut der Internetseite Stadiony.net wurden in Polen seit 2006 insgesamt 65 Stadien neu gebaut oder modernisiert – die allermeisten davon waren Fußballstadien. Damit liege das Land im weltweiten Vergleich nur hinter Brasilien, schreibt die Rzeczpospolita. Natürlich sind nicht alle neuen Arenen so groß und teuer wie das neue Nationalstadion in Warschau, dessen Bau umgerechnet etwa 400 Millionen Euro gekostet hat. Die meisten von ihnen bieten im Durchschnitt Platz für etwa 2000 bis 3000 Zuschauer, so die Rzeczpospolita. Und auch kleinere Gemeinden wollen nicht auf ihre eigenen Arenen verzichten. Die Bürger bräuchten eben etwas für den Geist und für den Körper, zitiert die Zeitung Marek Klimek. Er ist Vogt der 4000-Seelen-Gemeinde Potworow, die sich gerade eine neue Fußballarena geleistet hat.

Das polnische Stadionfieber erntet seitens der Rzeczpospolita jedoch herbe Kritik. Polen hat zwar jetzt mehrere Dutzend neue Stadien. Dafür gibt es im Land aber nicht einmal eine einzige herausragende Erstligamannschaft, um die Stadien zu füllen, schreibt der Kommentator der Zeitung Piotr Gabryel. Die meisten würden in Zukunft größtenteils leer stehen und Kosten verursachen. Es wäre besser, wenn Polen statt des Stadionfiebers dem Autobahnfieber verfallen wäre, so Piotr Gabryel in der Rzeczpospolita.

Wprost: Kritische Worte von Fußball-Legende Zbigniew Boniek

Wir bleiben beim Thema Fußball. In Polen reißt die Diskussion um das Hooligan-Problem nach den Tumulten beim Pokalfinalspiel zwischen Legia Warszawa und Lech Poznan nicht ab. Nun meldet sich Fußball-Legende Zbigniew Boniek in einem Interview für die Wochenzeitung Wprost zu Wort – und richtet deutliche Worte an die Verantwortlichen in der Politik und dem polnischen Fußballverband. Die Kampfansagen an die Hooligans, die jetzt häufig zu hören sind, seien eine reine PR-Kampagne, so Boniek. Der polnische Fußballverband habe Angst um seine Popularität und ignoriere deshalb die Wurzel des Problems: Die Fan-Klubs, welche zum Großteil von Hooligans dominiert seien. Für ihr Verhalten während der Spiele würde den sogenannten Fans außerhalb des Stadions eine Gefängnisstrafe drohen. Im Stadion können sie laut Boniek hingegen tun und lassen, was sie wollen und kommen fast immer ungestraft davon. Skandalös und in jedem anderen Land undenkbar sei es, dass den Anführern der Fanklubs regelmäßig stadioneigene Mikrofone zur Verfügung gestellt werden. Laut Boniek benutzen die Hooligans diese dann, um mit Beleidigungen übelster Sorte die Stimmung weiter anzuheizen. 

Die Fußballklubs und der Verband tun nichts dagegen – aus Angst oder Faulheit. Und so komme es dann zu Situationen, in denen selbst die Spieler auf dem Platz Angst davor haben müssten, von den Pseudofans tätlich angegriffen zu werden. Für die Zukunft sieht der legendäre polnische Fußballspieler schwarz: Bei den derzeitigen Verhältnissen gebe es keine Chance das Hooligan-Problem in Polen zu lösen, so Zbigniew Boniek in der Wochenzeitung Wprost.

GW: Polenbeauftragte im Interview - Polnischunterricht ja, Minderheitenstatus nein.

Pünktlich zum 20. Jubiläum des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags sorgt die Forderung eines Minderheitenstatus für die in Deutschland lebenden Polen wieder für Wirbel. Noch bis vor kurzem hoffte die deutsche Polonia auf einen Durchbruch in den Gesprächen mit der deutschen Regierung. Davon ist jetzt nichts mehr zu hören, inoffiziell heißt es gar, die Verhandlungen stünden still. In einem Interview für die Zeitung Gazeta Wyborcza bezieht heute die Polenbeauftragte der Bundesregierung Cornelia Pieper Stellung zu der Frage. Es habe in der Tat einige Versäumnisse auf deutscher Seite gegeben, z.B. bei der Möglichkeit des Muttersprachenunterrichts für polnischstämmige Bürger. In diesem Bereich würden die Kultusminister der Länder zukünftig verstärkt investieren. Auch die politische Repräsentation der deutschen Polonia soll gestärkt werden: In jedem Bundesland wird es künftig einen Polenbeauftragten geben. Und in Berlin wolle man eine zentrale Vertretung der Polonia berufen, die aus Regierungsmitteln finanziert wird. Wenn es um den Minderheitenstatus geht, bleibt der deutsche Standpunkt laut Pieper aber unverändert: Die in Deutschland lebenden Polen seien zum Großteil Spätaussiedler und Wirtschaftsmigranten. Und deshalb könne die Bundesregierung ihnen nicht den Status einer Minderheit geben, so Cornelia Pieper in der Gazeta Wyborcza.

Autor: Filip Żuchowski

Redaktion: Adam de Nisau