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Sogar der modernste Fernseher kann die Eltern nicht ersetzen

01.06.2011

NEWSWEEK: Fernseher wichtiger als Kinder  

Pünktlich zum Kindertag druckt die Wochenzeitschrift Newsweek unerfreuliche Ergebnisse einer Studie. Daraus geht hervor, dass ein polnisches Kind täglich 2,5 Stunden vor dem Fernseher sitzt. Die meiste Zeit verbringen die Kinder vor der Glotze am Samstag, also dann, wenn die Eltern einen freien Tag haben. Denn die erwachsenen Familienmitglieder ruhen sich nach der anstrengenden Arbeitswoche eben vor dem Fernseher aus. Durchschnittlich schaut der Pole am Wochenende 9 Stunden lang fern.

Es sei eine billige Ausrede, wenn Eltern behaupten, sie hätten zu wenig Zeit für ihre Kinder, fasst die Ergebnisse der Studie der Jugendsoziologe, Professor Jacek Kurzepa. Viele Kinder sehen sich beinahe zum Fernsehen gezwungen, weil sich die Eltern um sie nicht kümmern. Dabei äußern 40% der befragten Kinder den Wunsch, mit den Eltern öfter etwas zu Unternehmen und ins Freie zu fahren, so Kurzepa.

 

DZIENNIK/GAZETA POLSKA: Kinder wichtiger als Karriere

Einen positiven Trend beschreibt dagegen die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Demnach würden immer mehr Eltern das Wohlbefinden ihrer Kinder der Karriere vorziehen. So wie Justyna Wisinska-Kurpiel. Die Mutter der zweijährigen Marianna sucht seit mehreren Monaten einen neuen Job. In Frage kämen aber nur solche Arbeitsstellen, wo der Chef es nicht verlangt, den ganzen Tag in der Firma zu verbringen. Die Abende wolle sie mit ihrer Tochter verbringen, sagt Wisinska-Kurpiel.

Laut Soziologen ist die Warschauerin keine Ausnahme. Immer mehr Eltern versuchen so flexibel wie möglich den Job mit dem Privatleben zu verbinden. Wieso? Sie haben auf eigener Haut erlebt, wie es ist, wenn die Eltern den ganzen Tag außer Haus sind. Die erste Generation, die im freien Polen großgewachsen ist, bezeichnet die Soziologin Bozena Krzyzanowska als die „Schweigenden”. Sie seien meistens sehr gut ausgebildet und weltoffen. Aber nur die wenigsten seien im Stande über eigene Emotionen zu sprechen, weil sie in Familien großgewachsen sind, in denen es wenig Zeit für Gespräche gegeben hat. Das typische Bild aus ihrer Kindheit sind ihre Eltern, die so erschöpft aus der Arbeit kommen, dass sie keine Kraft und Lust mehr haben, einen Spaziergang zu machen oder gemeinsam ins Kino zu gehen. Nun wollen die “Schweigenden” es anders als ihre Eltern machen.

 

NEWSWEEK: Der Fluch der Magister 

Was studierst du? – Arbeitslosigkeit. Unter polnischen Studenten gewinnt dieser Spruch eine immer größere Popularität, schreibt die Wochenzeitschrift Newsweek. Er beruht auf der Tatsache, dass ein Hochschulabschluss die Chancen auf dem polnischen Arbeitsmarkt nicht verbessert. Das polnische Bildungssystem produziert jedes Jahr zigtausende Magister, für die es auf dem Arbeitsmarkt im besten Fall Niedrig-Jobs gibt. Die Zahl der Arbeitslosen mit einem Hochschulabschluss wächst sehr schnell. Unter den 100 frisch registrierten Arbeitslosen haben im Schnitt 36 ein Hochschuldiplom.

Man dürfe selbstverständlich das Studium nicht nur als eine Grundlage für eine höhere Belohnung in der Zukunft betrachten. Das Wissen ist ein Wert an sich, schreibt Newsweek. Doch viele junge Polen betrachten das Studium eben sehr pragmatisch. Laut den Soziologen hätten sie diese Einstellung von ihren Eltern geerbt, die in Zeiten lebten, wo der Hochschulabschluss keineswegs eine Selbstverständlichkeit gewesen war. In den letzten Jahren hat sich die Situation sehr stark verändert. Das Studium ist eine Massenerscheinung und das Diplom sagt nichts über die soziale und finanzielle Stellung seines Inhabers aus.

Basia ist eine gelernte Friseurin. In Warschau wollte sie Marketing studieren. Aus familiären Gründen musste sie das Studium unterbrechen. Sie kehrte zum gelernten Beruf zurück und arbeitet  als Chefin in einem Friseur-Salon. Insgesamt verdient sie umgerechnet ca. 3 Tausend Euro. Von solch einem Lohn können viele Polen mit einem Hochschulabschluss nur träumen.

kk/jc