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Wieso kritisieren viele Polen die Gymnasien?

30.08.2011

NEWSWEEK: Kontroversen 12 Jahre nach der Bildungsreform

Kurz vor Beginn des neuen Schuljahres veröffentlicht die Wochenzeitschrift Newsweek die Ergebnisse einer interessanten Studie. Daraus geht hervor, dass sich die Mehrheit der Polen die Auflösung der Gymnasien wünscht. Die Reform des Bildungswesens wurde in Polen bereits vor 12 Jahren durchgeführt, erinnert die Wochenzeitschrift. Damals wurde das System 8 + 4 (8 Jahre Grundschule, 4 Jahre Lyzeum) durch eine neue Lösung ersetzt: 6 Jahre Grundschule, 3 Jahre Gymnasium, 3 Jahre Lyzeum. Doch beinahe die Hälfte der befragten Polen ist den Gymnasien gegenüber kritisch eingestellt.

Die Studie zeigt auch, dass den größten Enthusiasmus für die Gymnasien junge Leute zeigen, die selbst vor kurzer Zeit ein Gymnasium absolviert haben. In der jüngsten Gruppe der Befragten wünschte sich über ein Drittel der Polen keine Rückkehr zum System 8 + 4. Wenn man 12, 13 Jahre alt sei, brauche man einfach eine Änderung des sozialen Umfeldes. Eine neue Schule bedeute viel Stress, es seien aber auch neue Bekanntschaften, erinnert sich an seine schulische Vergangenheit Szymon Gawlowski, der bereits vor 7 Jahren ein Gymnasium beendet hat.  

Auch Krystyna Starczewska, Direktorin eines bekannten Warschauer Gymnasiums vertritt die Meinung, dass der Abschluss der 6. Grundschulklasse ein perfekter Moment sei, um sich von der Kindheit zu verabschieden. Die breite Kritik an Gymnasien basiere laut Starczewska nicht auf inhaltlichen Argumenten. Vielen Eltern falle es einfach sehr schwer, die Tatsache zu akzeptieren, dass die Schule heute anders aussehe, als zu ihrer Schulzeit, so Starczewska im Newsweek.

 

GAZETA WYBORCZA: Papier-Schulbücher vs. E-Lehrbücher

Auch die Tageszeitung Gazeta Wyborcza greift heute das Thema „Schule” auf. Jedes Jahr überprüft das Bildungsministerium, wie schwer die Schultaschen der polnischen Kinder sind. In diesem Jahr wog die schwerste Schultasche über 8 Kilo. Heute schleppt der durchschnittliche polnische Schüler ein zweites Frühstück und mehrere Kilo Lehrbücher und Hefte in die Schule. Das polnische Bildungsministerium hat vor, die schweren Bücher künftig durch modernste Elektronik zu ersetzen. Bildungsministerin Katarzyna Hall träumt von digitalen Lehrbüchern, schreibt Gazeta Wyborcza. Die Ministerin hofft, dass sie auch die Eltern für ihre kühne Idee gewinnen wird. Die Datenträger, so die Begründung, werden immer billiger. Es wäre für das Budget einer polnischen Familie günstiger, ein Tablet mit Lehrbüchern in digitaler Form zu kaufen, als jedes Jahr für Papier-Schulbücher zu zahlen. Wenn man im Internet Krimis oder Romane in digitaler Form kaufen könne, wieso sollte es nicht auch mit Lehrbüchern gehen, fragt Ministerin Hall.
 
Gegen den revolutionären Vorschlag protestieren schon die Verleger. Die Ersetzung der traditionellen Papier-Schulbücher durch die E-Bücher wäre keineswegs billiger, heißt es. Man könnte zwar bei Druck- und Versandkosten sparen, zugleich müsste man allerdings viel Geld für den Unterhalt von Internet—Plattformen mit Schulbüchern ausgeben. Weitere Bedenken ruft die Angst vor illegalen Kopien hervor. Er könne sich sehr leicht eine Situation vorstellen, wo ein Schüler ein neues Lehrbuch kauft, und die gesamte Klasse es kopiert, sagt der Chef der Polnischen Buchkammer Piotr Marciszuk.

Allem Anschein nach ist also die Zukunft der Papier-Schulbücher in Polen in den kommenden Jahren ungefährdet, so Gazeta Wyborcza. 

 

NEWSWEEK: Alle wollen vor die Kameras  

Die Spannung in den öffentlich-rechtlichen Medien steigt vor den Wahlen, schreibt Newsweek und kritisiert die Informationspolitik des Fernsehsenders TVP. Je mehr sich das Datum der Parlamentswahlen nähert, desto seltener tauchen Vertreter der Oppositionsparteien vor den Kameras auf. Politiker der Koalitionspartei dafür umso öfter, schreibt Newswek. Noch im Juni waren Politiker der Koalitionspartei PSL im Polnischen Fernsehen 5 Stunden zu sehen. Im Juli waren es schon 8 Stunden. In nur einem Monat hat auch die Regierungspartei PO ihr Ergebnis um 2 Stunden verbessert. Insgesamt stellte die TVP-Leitung den Politikern der Regierungspartei 26 Stunden Sendezeit zur Verfügung. Zum Vergleich gastierten Vertreter der größten Oppositionspartei PiS im Juli 8 Stunden vor den Kameras des Polnischen Fernsehens – 3 Stunden weniger als im Monat zuvor.

Autor: Kuba Kukla
Redaktion: Adam de Nisau