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Aufregung um ACTA-Abkommen: "Anonymous erklärt Polen den Krieg"

23.01.2012

Gazeta Wyborcza: Aufstand der Empörten im Netz

„Die Schlacht im Internet” oder „Anonymous hat Polen den Krieg erklärt” – so lauten heute die Schlagzeilen auf den Titelseiten fast aller polnischen Tageszeitungen. Grund für die Aufregung sind die Angriffe der Hackergruppe  Anonymous auf die Internetseiten der polnischen Regierung. Wie die Gazeta Wyborcza schreibt, waren am Sonntag die Internetauftritte des Sejm, des Präsidenten, des Verteidigungsministeriums und vieler anderer Ministerien teilweise für Stunden lahmgelegt. Der polnische Ableger der internationalen Hackergruppe Anonymous protestiert auf diese Weise gegen das sogenannte ACTA-Abkommen, dass die polnische Regierung eigentlich am 26. Januar unterzeichnen wollte. Dabei handelt es sich um einen internationalen Vertrag, der den Kampf gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen im Internet erleichtern soll. Kritiker werfen dem Abkommen jedoch vor, die Freiheit des Internets einzuschränken und eine digitale Zensur einzuführen. Sollte der Anti-Piraterie-Pakt umgesetzt werden, so die Kritiker, müssten zum Beispiel Internet-Provider den Datenverkehr ihrer Kunden überwachen. Ansonsten könnten sie nämlich selbst für illegale Downloads ihrer Kunden haftbar gemacht werden.  Die Besitzer von Internetseiten hingegen müssten präventiv ihr gesamtes Internetangebot nach eventuellen Urheberrechtsverletzungen absuchen, um hohe Strafen zu vermeiden.

Laut der Gazeta Wyborcza hat der Protest gegen das ACTA-Abkommen offenbar zumindest etwas Wirkung gezeigt. Für heute ist ein Krisentreffen des Premiers Donald Tusk mit dem Kulturminister Bogdan Zdrojewski und dem Minister für Digitalisierung Michal Boni geplant. Letzter hat bereits verkündet, man werde die Unterzeichnung des ACTA-Abkommens überdenken. Die Hackangriffe interpretiere er als einen Protest der Gesellschaft, die nicht genügend über das geplante Abkommen informiert wurde, zitiert die Gazeta Wyborcza Michal Boni.

Gazeta Wyborcza/ Rzeczpospolita: Berechtigter Protest oder Cyberterrorismus?

Handelt es sich bei den Angriffen von Anonymous um berechtigten Protest oder um bloßen Cyberterrorismus? Bei diesem Thema gehen die Meinungen in den polnischen Tageszeitungen auseinander. Er wisse nicht, ob die Gegner oder die Befürworter des ACTA-Abkommens Recht haben, schreibt etwa der Kommentator der Gazeta Wyborcza Wojciech Orlinski. Der Protest könne aber niemanden verwundern. Bis vor einigen Tagen hätten die wenigsten Menschen in Polen überhaupt etwas über das ACTA-Abkommen gewusst. Die polnische Regierung habe die ganze Sache praktisch bis zuletzt vor ihren Bürgern geheim gehalten. Statt einer öffentlichen Debatte gab es nur interne Konsultationen zwischen verschiedenen Ministerien und Ressorts. Statt zu versuchen, einen gesellschaftlichen Konsens herbeizuführen, habe die Regierung versucht das Abkommen klammheimlich zu unterzeichnen, so Wojciech Orlinski in der Gazeta Wyborcza.

Anderer Meinung ist der Kommentator der Rzeczpospolita Andrzej Talaga. Bei den Hackerattacken handele es sich um Erpressung. Die Ankündigung des Digitalisierungsministers Michal Boni, dass man die Unterzeichnung von ACTA noch einmal  überdenken werde, sei fatal. Damit habe man allen gezeigt, dass die polnische Regierung erpressbar ist, so Andrzej Talaga in der Rzeczpospolita.

Rzeczpospolita: Brutalität an Schulen nimmt zu

Die polnischen Schulen machen wieder Schlagzeilen, leider keine Guten. Laut der heutigen Rzeczpospolita nimmt die Brutalität besonders in Grundschulen und Gymnasien zu. Das gehe aus aktuellen Polizeistatistiken hervor. Demnach gehören Erpressung, Schlägereien und Diebstähle an vielen Schulen zur Tagesordnung. Die Täter, so schreibt die Rzeczpospolita, würden immer jünger und Gewaltbereiter. Und: viele von ihnen stammen nicht aus schwierigen Verhältnissen, sondern aus guten Familien. Insgesamt habe die Polizei dieses Jahr 28 Tausend Vergehen an polnischen Grundschulen und Gymnasien registriert. Im Vergleich zum Jahr 2004 bedeutet das einen Anstieg um 62 Prozent. Besonders schockierend ist die Zahl der erpresserischen Diebstähle und Überfälle: Mehr als 7500 solcher Fälle wurden dieses Jahr an polnischen Schulen gemeldet. Innerhalb von nur zwei Jahren habe sich die Zahl somit verdoppelt, schreibt die Zeitung. An vielen polnischen Schulen herrsche mittlerweile eine kriminelle Atmosphäre, in der sich die Schüler ständig bedroht fühlen, warnt die Rzeczpospolita.

Autor: Filip Żuchowski

Redaktion: Joachim Ciecierski