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15.10.2008

RZECZPOSPOLITA, GAZETA WYBORCZA: Gipfel der Unverschämtheit

Die polnischen Tageszeitungen überlegen, ob der Brüsseler EU-Gipfel für die polnische Delegation ein Gipfel der Schande sein werde? Der Kompetenzstreit auf der Spitze der polnischen Politik beherrscht weiterhin die ersten Seiten der größten Tageszeitungen. Die Polen schämen sich für ihre Vertreter, die Presse hat wieder einmal ein heißes Thema. Er werde es direkt sagen, er brauche den Präsidenten auf dem Gipfeltreffen überhaupt nicht, sagte gestern der polnische Premierminister nach seiner Ankunft in Brüssel. Vier Stunden vor dieser Aussage erreichte die Präsidialkanzlei ein Regierungsschreiben. Darin wurde dem polnischen Präsidenten der Flug mit einer Militärmaschine nach Brüssel untersagt. Dies sei reine Barbarei, empörte sich ein enger Mitarbeiter des polnischen Präsidenten. Lech Kaczynski werde dennoch zum EU-Gipfel nach Brüssel fahren, hieß es. Wie? Mit einem Flugzeug, antwortete Kaczynski. Selbst fliegen habe er noch nicht gelernt. 
In einem Kommentar schreibt Jaroslaw Kurski, Chefredakteur der Zeitung Gazeta Wyborcza (Szczyt wstyd?), der Präsident sei sich dessen bewusst, dass er seine größten politischen Errungenschaften schon hinter sich habe. Deshalb versucht er um jeden Preis im Zentrum der Geschehnisse zu bleiben. Premierminister Tusk versuche, die Verfassungsordnung zu bewahren. Dabei verhielte er sich leider, wie ein kleines Kind. Jan Rokita, Ex-Politiker und seit kurzem Kommentator der Tageszeitung Dziennik, schreibt, dass der Kampf um die Macht zum ersten Mal in der neusten Geschichte Polens so offen und unverschämt geführt werde. Die Form des Streits sollte daher die Öffentlichkeit nicht wundern. Es seien Kampfformen typisch für eine instinktive Politik, in der es keine Bremse, keine Selbstkontrolle gibt. Die Demütigung des Rivalen bedeutet hier den Sieg.
Aus einer Meinungsumfrage, die für das Blatt Gazeta Wyborcza durchgeführt wurde, geht hervor, dass sich die meisten Polen für das Verhalten der beiden Spitzenpolitiker und ihrer Umgebung schämen. Über 80% der Befragten sind der Meinung, dass der Streit zwischen dem Premierminister und dem Präsidenten peinlich sei. 85% behaupten auch, dass der Kompetenzstreit dem Ansehen Polens in Europa schaden werde.  

 

DZIENNIK: Nächste Station – Norwegen

Schaut man sich das Durcheinander auf der politischen Szene an, wundert immer weniger die Tatsache, dass viele, besonders junge, Polen, ohne lange zu überlegen, das Land verlassen. Aber auch in Großbritannien, diesem Land also, in dem es immer noch die meisten polnischen Auswanderer gibt, wird das Leben immer schwieriger. Wegen der Finanzkrise verlieren viele Exil-Polen ihre Jobs. Koffer packen, lautet nun das Motto. Doch nur wenige kehren in ihr Heimatland zurück. Eine der populärsten Stationen heißt jetzt Norwegen. Adam Bielecki arbeitete eine Zeit lang in England. Nachdem in seiner Firma Entlassungen begannen, suchte er sich einen neuen Job. Diesmal in Norwegen. Ebenfalls auf der Baustelle, aber für doppeltes Geld. Laut englischen Medien gehört Adam zu einer Gruppe von 20 Tausend Polen, die bereits Großbritannien verlassen und sich auf den Weg nach Skandinavien gemacht hatten. Experten unterstreichen, dass der neue Trend sehr rationell sei. Die Situation in Großbritannien ist unstabil und die skandinavischen Länder erscheinen in Zeiten eine Bankkrise als der sicherste Ort auf dem Kontinent. Im Vergleich mit stärkeren europäischen Ländern, bleibt Polen weiterhin kein interessantes Ziel für junge, dynamische Menschen. Laut Krystyna Iglicka vom Zentrum für Internationale Angelegenheiten in Warschau, werde höchstens ein Drittel der Exil-Polen in den nächsten Jahren nach Polen zurückkehren. 

 

DZIENNIK: Befreit mich, bitte!

Der vor zwei Wochen von pakistanischen Taliban entführte polnische Ingenieur ist am Leben. Dies bezeugt ein Videoband, das gestern in der Redaktion einer pakistanischen Tageszeitung aufgetaucht ist. Auf der Aufnahme beschreibt der Pole, zuerst in seiner Muttersprache, dann auf englisch, seine Situation. Er appelliert auch an die Regierung in Islamabad, auf die Forderungen seiner Entführer einzugehen. Diese fordern die Freilassung anderer Taliban die in pakistanischen Gefängnissen sitzen. Laut dem Psychologen, Jerzy Pobocha, der das Band analysierte, wird der Pole gut behandelt. Er habe zwar Angst, aber er spreche ruhig, seine Aussprache ist klar. Das bedeute, dass er nicht unter Depression leide. Das Videoband ist ein Durchbruch, schreibt das Blatt Dziennik (Uwolnijcie mnie, proszę). Seit der Entführung vor zwei Wochen, war die Situation des polnischen Ingenieurs unklar.  

 

kk