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23.10.2008

RZECZPOSPOLITA: EU braucht Russland

Polens Problem seien Deutschland und Russland, behauptet Gesine Schwan, Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin 2009, in einem Gespräch für die Tageszeitung Rzeczpospolita (Problem Polski to Niemcy i Rosja). Auf die Frage, ob die Polen überempfindlich in Sachen der eigenen Geschichte reagieren würden, wie manche deutsche Medien behaupten, sagt die Politikerin, sie hätte fast keine Anzeichen von Überspannung auf der polnischen Seite gemerkt. Und das auch in den 60-ern, als sich Schwan für Polen und seine Geschichte zu interessieren begann. Es gäbe selbstverständlich Menschen, die die Welt durch alte Klischees betrachten würden, dies sei allerdings eher eine Ausnahme, nicht die Regel. Die Polen seien ein Volk, dass ein Problem hat, den eigenen Weg zwischen den zwei Großmächten, Deutschland und Russland, zu finden. Und das schon mindestens seit dem XVIII. Jahrhundert, erklärt Gesine Schwan. Der Journalist Piotr Jendroszczyk fragt, ob die Politikerin daher die Beunruhigung der polnischen Regierung im Kontext der deutsch-russischen Energieprojekte, wie die Ostsee-Pipeline verstehe? Die Polen seien sich oft nicht bewusst, dass die Deutschen ein Schuldkomplex gegenüber Russland empfinden würden. Selbstverständlich habe Polen keinen Grund, Russland aus der gleichen Perspektive wie Deutschland zu betrachten. Die Einstellung der beiden Länder zu Russland sei sehr asymmetrisch. Sie sehe die Beunruhigung, die die deutsch-russischen Kontakte in Polen hervorrufen. Doch mit dem Ausbau der gegenseitigen Zusammenarbeit im Rahmen der EU werden die Ängste wohl von gegenseitigem Vertrauen ersetzt. Die EU brauche Russland als einen Partner in Energie- und Sicherheitsprojekten – so Gesine Schwan im Gespräch für die Tageszeitung Rzeczpospolita. 

 

ŻYCIE WARSZAWY: Meister der Langsamkeit

Nur hier! Nur in Polen! Eine U-Bahn Linie in 25 Jahren. So lautet die Schlagzeile in der hauptstädtischen Tageszeitung Życie Warszawy (Tylko u nas! Metro w 25 lat). Doch den Journalisten ist es gelungen, eine einzige Stadt zu finden, die ihr U-Bahn System noch langsamer als die polnische Hauptstadt auszubauen versucht: es ist Valencia in dem südamerikanischen Staat Venezuela. In der zivilisierten Welt bleibt das Bautempo der Warschauer U-Bahn ohne Präzedenz. In den 90-er Jahren bauten die Arbeiter ca. 2 Meter Korridor pro Tag. Ungefähr so viel wie Anfang des XIX. Jahrhunderts in London. Heute stehen den Londonern 275 Stationen zu Verfügung. Hätten die polnischen Unternehmen ihr Bautempo behalten können, würde Warschau die englische Hauptstadt in 302 Jahren einholen, kalkuliert das Blatt. Laut Warschaus Vizepräsident soll die zweite U-Bahn Linie aber mit Hilfe der neusten Technologien gebaut werden. Die zentrale Strecke soll bis 2013 fertig gestellt sein. Zur Zeit warten die Hauptstädter auf die Eröffnungszeremonie der vollendeten ersten Strecke. Diese findet am Samstag statt.

 

DZIENNIK: Warten auf Godot?

Die Warschauer warten auf ihre U-Bahn, Präsident Lech Kaczynski wartet dagegen auf Irland. Noch im Juli versprach das polnische Staatsoberhaupt seinem französischen Amtskollegen Sarkozy, den Ratifizierungsprozess schnell zu beenden, und seine Unterschrift unter den Lisabonner Vertrag zu setzen. Allem Anschein nach verliert der Franzose die Nerven. Am Dienstag sagte Sarkozy, er werde im Dezember nach Polen kommen, um Kaczynski daran zu erinnern, dass man sich an sein Wort halten solle. Der polnische Politiker, der das Dokument immer noch nicht unterschrieben hatte, wird wohl nicht nachgeben. Sollte der Lisabonner Vertrag nicht in Kraft treten, werde es nicht Polens Schuld sein, sagt in einem Kommentar für die Tageszeitung Dziennik (To nie Lech Kaczyński jest hamulcowym) Michał Kamiński von der Präsidialkanzlei. Das wichtigste Problem sei heute Irland. Der Präsident warte mit seiner Unterschrift, da sich die Situation in den letzten Monaten formal nicht verändert hatte. Lech Kaczynski respektiere die Entscheidung der Iren. Ein Ausdruck des Respekts sei die Verzögerung des Ratifizierungsprozesses, so Michal Kaminski im Blatt Dziennik.      

 

kk