DZIENNIK: Entweder Olszowiec oder keiner
Das politische Leben in Polen wird weiterhin von Nachbeben des Zwischenfalls in Georgien erschüttert, berichtet die Tageszeitung Dziennik (Ja dziękuję za taką ochronę). Während seines Georgienbesuchs ist Präsident Lech Kaczynski unter Beschuss geraten. Der polnische und der georgische Präsident waren zu einer Inspektion an die georgisch - ossetische Grenze gefahren. In der Nähe des russischen Wachpostens kam es zu einer Schießerei. Nach dem Zwischenfall wurde Chef der Leibwache des Präsidenten auf unbestimmte Zeit vom Dienst suspendiert. Gegen diese Entscheidung protestiert entschieden das Staatsoberhaupt. Seiner Ansicht nach, richtet sich diese gegen ihn selbst. In dieser Situation verzichte er auf eine Leibgarde während seines Asienbesuches. Er brauche um sich Menschen denen er völlig vertrauen könne, empörte sich Lech Kaczynski gestern bei einer Pressekonferenz.
Der Vizepremier Grzegorz Schetyna verstehe die Empörung des Präsidenten, aber der abberufene Oberst Olszowiec darf das Land nicht verlassen, solange die Staatsanwaltschaft den georgischen Zwischenfall nicht geklärt habe. Laut Schetyna habe, darüber hinaus, Präsident Kaczynski den Nachfolger von Olszowiec bereits akzeptiert. Die Präsidialkanzlei wollte zu dieser Aussage jedoch keine Stellung beziehen. Sollte der Präsident tatsächlich auf die Leibwache verzichten, wäre das eine Ausnahmesituation. Laut Spezialisten ist diese aber völlig vorstellbar. Während einer Auslandsvisite bemüht sich der Gastgeber um die Sicherheit seiner Gäste. Zwischen Hammer und Amboss befindet sich die Behörde für Regierungsschutz BOR. Laut Gesetz müssen sich die Beamten um die Sicherheit der wichtigsten Personen im Staat bemühen. Eine Ausnahme komme nicht in Frage, erklärt ein Sprecher der Behörde die komplizierte Lage. Selbst wenn der Präsident auf die Leibwache verzichten sollte, werden die Beamten ihre Aufgaben erfüllen müssen. Das könnte zu äußerst unangenehmen Situationen führen.
GAZETA WYBORCZA: Ich mag Warschau (nicht)
Ob sich Warschau mögen lässt, fragte die Tageszeitung Gazeta Wyborcza (Warszawa da się lubić) ihre Leser. Die Antworten alles andere als selbstverständlich. Die Warschauer selbst schätzen sich sehr hoch ein. Die Hauptstädter beschreiben sich selber als unternehmerisch und gastfreundlich. Dazu mögen die meisten den Ort an dem sie leben. Bewohner der Hauptstadt sind überzeugt, dass der Rest des Landes die Warschauer Wolkenkratzer mit Staunen bewundert. Der Umzug in die Hauptstadt wird als ein sozialer und beruflicher Aufstieg angesehen. Diese Meinung teilt jedoch nur jeder dritte Pole und jeder sechste Krakauer. Kein Wunder also, dass die Hauptstädter von einem Drittel der Polen als überheblich angesehen werden. Der Warschauer wird von vielen als ein ordinärer Protz betrachtet, bestätigt der Sozialpsychologe, Prof. Janusz Czapinski. Der Hauptstädter ist vor allem in anderen polnischen Großstädten unbeliebt, fügt Czapinski hinzu.
Um was beneiden die Polen ihre Hauptstadt? Vor allem um gute Schulen und Hochschulen. Ausnahme sind hier, wie üblich, Posen, Breslau und selbstverständlich Krakau. Das ganze Land möchte auch so viel wie die Warschauer verdienen, besonders Bewohner der ostpolnischen Regionen. Die Antwort wundert den Soziologen Piotr Szukalski nicht. Um was sollten die Polen den Warschauer beneiden, wenn nicht ums Geld? Um den Zugang zur Kultur? Der Durchschnittspole besucht doch das Theater ein Mal pro 250 Jahre, sagt Szukalski. Wie ein Magnet ziehen Geld und gute Arbeitsmöglichkeiten Menschen aus ganz Polen nach Warschau. Daher glaubt jeder zweite Pole, dass die Hauptstadt die besten und kreativsten Menschen aus der Provinz aussaugt. Diese Menschen verändern die Hauptstadt auch am meisten. Nur eines hat sich seit vielen, vielen Jahren nicht verändert. Obwohl in den 90-ern in der polnischen Hauptstadt mehrere Wolkenkratzer entstanden sind, bleibt der Kulturpalast das erkennbarste Symbol der Weichselmetropole.
kk