POLITYKA: Wie Kälte den Kommunismus besiegt hatte
Hätte es den Jahrhundertwinter nicht gegeben, würden die Polen wohl auf die antikommunistische Solidarność-Beweguung länger warten müssen. Die Wochenzeitschrift Polityka (Wywrotowa zima) erinnert sich an den besonders kalten Winter des Jahres 1978. Schneefälle und eisige Kälte haben das Land damals für einige Wochen gelähmt. Mehrere Tage lang hatten viele Kleinstädte und Dörfer keinen Kontakt mit der Außenwelt gehabt. Um von einer Telefonzelle aus zu telefonieren, musste man in einer endlosen Schlange warten. Man hatte den Eindruck, als ob plötzlich alles stehen geblieben wäre. Nur teilweise waren daran die Kälte und riesige Schneemengen schuld. Das Volk begann, zu Recht, die Parteifunktionäre für die organisatorische Blamage schuldig zu machen. Man erkannte zugleich auch wie provisorisch die Volksrepublik bislang funktionierte. Man konnte keine Schneepflüge auf den Straßen sehen, da in der Temperatur - 12 Grad Celsius das Öl in den Motoren zugefroren war. Aus dem gleichen Grund funktionierten auch die öffentlichen Verkehrsmittel nicht. Wegen Stromausfall waren auch die Straßenbahnen außer Betrieb. Auf dem Lande sah die Situation besser aus – letztendlich gab es dort noch Pferde. Für die polnische Bahn war das der schlimmste Winter seit den Kriegsjahren. Die Atmosphäre war bis aufs Äußerste angespannt - von den Kohletransporten war doch das Überleben der polnischen Städte abhängig. Dabei betrugen Rekordverspätungen mehr als 24 Stunden. Wie viele Menschen in diesem Winter ums Leben gekommen sind, wird man mit Sicherheit wohl nie feststellen können, schreibt das Magazin. Menschen in Blockbauten, dem Stolz des kommunistischen Bauwesens, haben gefroren. In manchen Siedlungen fiel die Temperatur in den Wohnungen auf 7 Grad Celsius. Kalte Heizungsgeräte und Stromausfälle haben die Polen zu Gemeinschaftsaktivitäten und Zeichen von Solidarität gezwungen. Der Winter hatte den massiven Widerstand von 81’ gegen das kommunistische Regime beschleunigt, so das Fazit im Magazin Polityka.
GAZETA WYBORCZA: Richtung Europa
Warschau will sich um den Titel der europäischen Kulturhauptstadt bemühen, berichtet die Tageszeitung Gazeta Wyborcza (Kierunek Europa) in ihrem hauptstädtischen Teil. Doch irgendwelche Einzelheiten über das vage Vorhaben von den Warschauer Beamten zu erfahren, fällt den Journalisten sehr schwierig, lesen wir im Blatt. Eines ist klar: auch wenn Warschau den Titel nicht erhalten sollte, wird die Stadt an dem Wettkampf sowieso viel gewinnen. Die kulturelle Infrastruktur wird doch bleiben, meint Ewa Czeszejko-Sochacka vom hauptstädtischen Magistrat. Schon jetzt gibt es in der polnischen Metropole viele wichtige und prestigevolle Kulturveranstaltungen. Was sicherlich fehlt ist gute Werbung für diese Ereignisse. Das soll sich bald ändern. Über das pulsierende Kulturleben der Stadt soll künftig eine moderne Internetseite informieren. Warschau ist jetzt die einzige polnische Stadt ohne eigene Internetseite, die sich um den Titel der Kulturhauptstadt bemüht. Die Großstadt an der Weichsel will sich vor allem als ein Zentrum von Festivals vorstellen. Schon jetzt werden in Warschau mehrere wichtige Theater-, Musik-, und Filmveranstaltungen organisiert. Künftig sollen noch neue dazukommen. Außerdem soll der Oskargekrönte Komponist Jan AP Kaczmarek eine Oper über Chopin schreiben. Die Uraufführung soll im Nationaltheater in Warschau stattfinden. Danach wird eine Welttournee beginnen. Darüber hinaus soll die Regisseurin Agnieszka Holland einen zweiminütigen Werbespot über Warschau drehen.
Neben der Hauptstadt bemühen sich um den Titel der europäischen Kulturhauptstadt 2016 noch 7 andere polnische Städte. Die Auslosung wird in zwei Jahren durchgeführt.
kk