• 06.02.2009

POLITYKA: Nationales Gut

Nur selten tritt er in seinem Heimatland auf. Die Antwort auf die Frage, wieso es so ist, sorgt für Aufregung. Es gibt welche, die denken, dass Krystian Zimerman auf Polen beleidigt ist. In Wahrheit ordnet der weltberühmte Pianist alles seinen künstlerischen Visionen unter. Wenn irgendetwas nicht zu dieser Vision passt, sagt er einfach ein Konzert ab. Dennoch verzeihen ihm die Musikliebhaber weltweit sein Verhalten und warten ungeduldig auf seine Auftritte. Der gebürtige Schlesier Krystian Zimerman gehört doch zu den absolut genialsten Pianisten der letzten Jahrzehnte, schreibt Dorota Sczwarzmann in der Wochenzeitschrift Polityka (Przyjaciel fortepianu). In seiner Kindheit dachte Krystian, ein Klavier gäbe es in jedem Haus. Als er einmal einen Freund besucht hatte, fragte er, wo das Klavier stehe. Dieser, nicht weniger überrascht als Zimerman, erwiderte: was für ein Klavier? Für den Jungen Musiker bedeutete das Instrument alles: es war gleichzeitig ein Spielzeug, ein Gegenstand, den man beklettern oder sich hinter ihm verstecken konnte. Später erfuhr der Junge, dass man mit Hilfe des Klaviers auch seine Gefühle ausdrücken könne. Aber nie war das Instrument für den Musiker nur ein Werkzeug – es war zugleich auch ein Freund.
Heute beginnt Krystian Zimmermann seine Polen-Tournee. Die Art der Werbekampagne ist, wie immer im Falle dieses Künstlers, sehr eigenartig. Die Eintrittskarten sind sehr teuer – das so verdiente Geld soll für Wohltätigkeitszwecke gespendet werden. Darüber hinaus kann man die Karten nur im Internet erwerben. Der Künstler entscheidet sich auch für untypische Konzertsäle, oft mit schlechter Akustik. In Krakau wird er zum Beispiel in der historischen Aula der Krakauer Universität spielen. Offiziell erklärt das Management, der Künstler wollte Kontakt mit akademischen Kreisen knüpfen. Doch es ist ein offenes Geheimnis, dass Zimerman das philharmonische System scheut.

 

RZECZPOSPOLITA: Runder Tisch veränderte Polen

Kein Ende der Diskussion in Sicht. 20 Jahre nach dem Fall des Kommunismus in Polen wird gestritten, ob die Gespräche der damaligen Regierung mit der Opposition, die zur Wende führten, richtig durchgeführt worden sind. Die Tageszeitung Rzeczpospolita (Biała i czarna legenda obrad) fragte ihre Leser nach ihrer Meinung. Über die Hälfte der Befragten meint, dass der „Runde Tisch“ und die darauffolgenden Festlegungen von 1989 einen positiven Einfluss auf die spätere Geschichte Polens hatten. Hätte es diese Verhandlungen vor 20 Jahren nicht gegeben, wäre der Kommunismus in Polen nicht gefallen. Doch über 40% der Befragten sind entgegengesetzter Meinung. Der Kommunismus wäre sowieso gefallen, meint der Historiker, Professor Antoni Dudek. Beispiele anderer Länder wie Ungarn oder die Tschechoslowakei zeigten, dass es auch andere Wege zur Freiheit gab. Ein anderer Historiker, Professor Andrzej Paczkowski meint, man könne nicht sagen, wie sich die Geschichte ohne die Gespräche am Runden Tisch gestaltet hätte. Wahrscheinlich würde ein anderes Ereignis zum Fall des Systems beitragen. Ob diese Umwälzungen dann aber auch einen friedlichen Charakter hätten, könne man nicht beurteilen. Als diejenigen, die die Wende in Polen erkämpften, nannten die Befragten vor allem den Gewerkschaftleranführer Lech Walesa, den Papst Johannes Paul den II, sowie die Oppositionellen Jacek Kuroń und Bronisław Geremek. Die Kommunisten, General Wojciech Jaruzelski und Wojciech Kiszczak, werden nur selten genannt. Kein Wunder, erklärt Professor Paczkowski. Viele glauben, dass die kommunistische Regierung an den Gesprächstisch gezwungen wurde. Wieso sollte man also ihren Beitrag für wichtig halten? Den Historiker wundert aber keineswegs die Tatsache, dass der Name des verstorbenen Papstes in der Umfrage so oft aufgetaucht ist. Die Polen-Visite von Johannes Paul dem II. im Jahre 1987 war ein wichtiges Element des Umwandlungsprozesses in Polen. Seine Ankunft im Heimatland erweckte die Hoffnung der Polen auf Veränderungen aufs Neue.  

 

kk