DZIENNIK: Gelbe Karte für Spekulanten
Investoren, die mit polnischer Währung spekulieren, könnten von den Privatisierungsprozessen polnischer Unternehmen ausgeschlossen werden, schreibt die Tageszeitung Dziennik (Bat na spekulantów). Als erste hatte die Bank Goldman Sachs die gelbe Karte gesehen. Der polnische Wirtschaftsminister hatte gestern ein Treffen mit den Vertretern von Goldman Sachs im Londoner Sitz der Bank abgesagt. Dies sei eine Revange für die Spekulationen auf dem polnischen Finanzmarkt gewesen, urteilt das Blatt. Die Bank, die vor kurzem zugegeben hatte, mit dem polnischen Zloty spekuliert zu haben, ist Privatisierungsberater der Polnischen Energiegruppe PGN. An der Zusammenarbeit mit der Regierung in Warschau könnte die Finanzanstalt bis zu 50-60 Millionen Zloty verdienen. Die Geste des polnischen Finanzministers bedeutet keineswegs den Abbruch der Zusammenarbeit, ist aber ein wichtiges Warnsignal. Goldman Sachs hat als erste ausländische Bank offiziell zugegeben, mit der polnischen Währung spekuliert und dabei 8% verdient zu haben. Obwohl die Finanzanstalt ihre Destabilisierungs-Tätigkeit auf den Mitteleuropäischen Märkten bereits aufgegeben hatte, fordert die polnische Regierung entsprechende Erklärungen.
In einem Kommentar schreibt Marcin Piasecki, Chefredakteur des Wall Street Journal Polska (Oko za oko, ząb za ząb), Polen sei nicht wehrlos gegen die Attacken von Währungsspekulanten. Das Land sei ein wichtiges Element der Weltwirtschaft. Die Krise könne an der Tatsache nichts ändern. Laut verschiedenen Zusammenstellungen, platziere sich das Wirtschaftspotenzial Polens auf Rang 25-30 in der Welt, meint Piasecki. Das Land sei zwar keine Großmacht, aber man darf es nicht ignorieren. Darüber hinaus könne man in Polen sehr gute Geschäfte machen. Nicht nur als privater Investor, sondern auch in Zusammenarbeit mit der Regierung. Und die polnische Regierung habe jetzt viel zu bieten: Privatisierungsprozesse, große Infrastrukturinvestitionen und andere finanzielle Operationen. Als ein Partner Polens kann man wirklich viel verdienen. Hier tauche aber die Frage auf, ob eine Institution, die den polnischen Finanzmarkt destabilisiert, mit der polnischen Regierung zusammenarbeiten sollte. Die Regierenden sollten ausländischen Finanzanstalten ein klares Signal senden: wir sind nicht passiv und hilflos. Wir sehen, was los ist, wir schauen euch auf die Hände und uns gefällt das, was wir sehen, nicht. Ungefähr so ein Signal hat Minister Grad nach London geschickt. Zu Recht.
GAZETA WYBORCZA: Singender Mechaniker
Ganz sicher bekommt Piotr Beczala nicht viel von der Finanzkrise zu spüren. Der polnische Sänger feiert gerade große Erfolge in der New Yorker Metropolitan Opera. Beczala ist der dritte polnische Sänger, der mit dem amerikanischen Theater einen Vertrag unterschrieben hatte. Es scheint, als ob die Vorherrschaft anderer Nationen in der Opernwelt zu Ende ginge, sagt der 42-jährige Tenor. Wieso jetzt? Er glaube, dass nach dem Fall der Berliner Mauer polnische Vokalisten den Mut gefunden haben, ins Ausland zu gehen, sich mit ihren westlichen Kollegen in den besten Konzerthäusern zu messen versuchten. Piotr Beczala sollte eigentlich kein Sänger werden. Er besuchte ein Technikum. Schwerpunkt: Mechanik. Der junge Piotr sollte Ingenieur werden. Einst hat er die Schule geschwänzt und sich vor dem Mathe-Lehrer in einem Raum versteckt, wo der Schulchor geprobt hatte. So hat es angefangen. Er fragte sich, warum er eigentlich nicht im Chor singen sollte. Dies sei doch auch ein interessanter Zeitvertreib. Nach einiger Zeit sagte ihm die Chordirigentin, er hätte eine gute Stimme. Vielleicht sollte er die Musikakademie in Kattowitz besuchen. Beczala wollte eigentlich auf die Technische Hochschule, aber da die Aufnahmeprüfungen auf die Musikakademie früher durchgeführt worden waren, hat er sich letztendlich für den Gesang entschieden.
kk