GAZETA WYBORCZA: Rettung aus der Schweiz
Viele Polen haben heute sicher mit Erleichterung aufgeatmet, nachdem sie den Artikel auf der Titelseite der Tageszeitung Gazeta Wyborcza (Odsiecz ze Szwajcarii) durchgelesen haben. Die Schweizer Zentralbank hat die Leitzinsen gesenkt. Das bedeutet, dass diejenigen, die einen Kredit in Schweizer Franken abzahlen, niedrigere Kreditraten zahlen werden. Der Franken hat gestern zum ersten Mal seit mehreren Wochen weniger als drei Zloty gekostet. Dies bedeutet, dass der durchschnittliche Kowalski bis zu 140 Zloty monatlich an seiner Kreditrate wird einsparen können. Die schweizerische Zentralbank hat sich für die Senkung der Leitzinsen entschieden, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Der starke Franken erschwert das Leben schweizerischen Firmen, die vor allem auf Export setzen. Die Schwächung des Frankens könnte aber auch der polnischen Wirtschaft helfen, urteilt die Tageszeitung. Der Mechanismus könnte wie folgt aussehen: der billigere Franken trägt zur Verbesserung der Situation polnischer Banken bei, dies macht wiederum die polnische Wirtschaft glaubwürdiger, meint der Wirtschaftsexperte Mateusz Szczurek.
Die gestrige Stärkung der polnischen Währung gegenüber dem Schweizer Franken ist ein Geschehen ohne Präzedenz, freut sich der Publizist Marcin Piasecki in seinem Wirtschaftkommentar für die Tageszeitung Dziennik (Frank staniał, ale to nie zasługa złotego). Aber, fügt Piasecki gleich hinzu, dies bedeute nicht, dass sich die Situation der polnischen Wirtschaft dauerhaft verbessert. Die Ursachen für die Veränderung liegen außerhalb Polens. Also, Vorsicht ist geboten. Die polnische Währung wird in den nächsten Monaten noch oft ihre Stabilität beweisen müssen, so Marcin Piasecki im Blatt Dziennik.
RZECZPOSPOLITA: Kommt Merkel nach Polen?
Der Streit um Erika Steinbach und das Sichtbare Zeichen in Berlin hat die deutsch-polnischen Beziehungen erneut belastet, stellt die Tageszeitung Rzeczpospolita (Merkel przyjedzie do Polski?) fest. In Berlin wurde noch nicht beschlossen, ob im September der Präsident oder die Bundeskanzlerin nach Polen kommt. Angela Merkel versicherte den polnischen Premierminister Donald Tusk, dass sie zu dem Jahrestag des Ausbruchs des II. Weltkriegs auf der Westerplatte erscheinen wird. Merkel änderte ihre Meinung auch nach dem Treffen mit der Chefin des Bundes der Vertriebenen nicht. Die Visite zum Jahrestag des Kriegsausbruchs in Polen könnte für die Kanzlerin aber politisch unbequem sein, schreibt das Blatt. Es wird die letzte Etappe des Wahlkampfes vor den Bundestagswahlen im September sein. Dann könnte der Streit um Steinbach wieder in aller Munde sein.
Berlin versichert, dass die Feierlichkeiten in Polen und der Fall Steinbach nichts miteinander zu tun hätten. Doch gleichzeitig wird zugegeben, dass sich die letzten Unstimmigkeiten zwischen Berlin und Warschau negativ auf die bilateralen Beziehungen ausgewirkt hatten. Wladyslaw Bartoszewski habe als ein Diplomat das Vertrauen der deutschen Seite strapaziert, sagt ein Mitarbeiter des deutschen Außenministeriums. Berlin wollte die Gespräche diskret durchführen, Professor Bartoszewski habe die deutsche Seite aber öffentlich erpresst. Die polnische Regierung wisse genau, dass jeder Deutsche in einem Gespräch mit einem ehemaligen Auschwitz-Häftling nachgeben werde.
Kai-Olaf Lang von der Stiftung Wissenschaft und Politik unterstreicht jedoch, dass man keine Eiszeit in deutsch-polnischen Beziehungen befürchten müsse. Es gäbe einen kleinen Regres, aber keine Katastrophe.
kk