• 16.03.2009

RZECZPOSPOLITA: Atom wünschenswert

Die Polen überzeugen sich für die Atomenergie, berichtet die Tageszeitung Rzeczpospolita (Polacy przekonują się do atomu). Noch vor einem Jahr wandten sich ca. 56% der Befragten gegen den Bau eines Atomkraftwerks auf polnischem Boden. Heute vertreten diese Meinung 42%. Wie ist dieser Meinungswechsel zu verstehen? Die Polen wüssten, dass sie energetisch von Russland abhängig seien. Jede nächste Energiekrise, so wie der letzte russisch-ukrainische Streit, verursachen, dass man an der Weichsel immer öfter an Atomkraft denke, sagt die Soziologin Barbara Fedyszak-Radziejowska. Viele seien sich auch dessen bewusst, dass die Energie immer teurer werde, und die Kernkraftenergie werde mit billigem Strom assoziiert. Die Zahl der Befürworter von Atomkraftwerken in Polen schwindet aber, wenn die Frage nach der möglichen Lokalisierung dieser Einrichtungen gestellt wird. Ein Atomkraftwerk in nächster Nachbarschaft würden nur 65% derjenigen dulden, die sich für die Kernkraftenergie aussprechen. Klempicz und Zarnowiec, zwei Ortschaften, wo in den 80-ern die ersten polnischen Atomkraftwerke entstehen sollten, werden erneut als möglicher Standort für ein Kraftwerk in betracht gezogen. Die Stimmung in den genannten Ortschaften ist aber alles andere als optimistisch. Adam Furier, der Ortsvorsteher von Klempicz sagt, dass sich die Situation zwar verändert habe und die heutige Technologie wohl viel sicherer sei als noch vor 20 Jahren. Doch die Menschen seien immer noch geteilt. Sollte das Kraftwerk in der Tat in Klempicvz gebaut werden, wünschte sich der Gemeindevorsteher Jan Graczyk ein Referendum. Eine ähnliche Situation herrscht in Zarnowiec.

Das erste der zwei Atomkraftwerke soll bis 2020 entstehen. Über den Standort soll bis Ende des Jahres entschieden werden. 

 

DZIENNIK: Private Moral

Der Gaube hat mit der Moral immer weniger zu tun, geht aus einer letzten Studie des Meinungsforschungsinstitutes CBOS hervor. Fast jeder Pole meint, dass im Alltagsleben solche Werte wie Ehrlichkeit, Arbeitsamkeit und Hilfsbereitschaft am wichtigsten sind. Zugleich geben viele zu, abhängig von der konkreten Situation die Wertpyramide umzugestalten. Noch deutlicher kommt der Relativismus im Falle von gläubigen Menschen zum Vorschein, stellt die Tageszeitung Dziennik (Wiara nie wyznacza moralności) fest. Personen die regelmäßig den Gottesdienst besuchen, befürworten oft die künstliche Befruchtung, den Ehebruch und die Verwendung von Verhüttungsmitteln. In einem Gespräch mit dem Blatt sagt der Sozialpsychologe, Professor Janusz Czapinski die Moral würde sich nach und nach von der Religion ablösen. Es wächst die Gruppe von Polen, die die Moral zu individualisieren versucht. Aus der neusten Studie geht hervor, dass man das eigene Handeln als moralisch betrachtet, auch wenn man dabei die Regeln der Religion bricht, führt Czapinski fort.

Gott ist nicht mehr die einzige Quelle der Weisheit. Die Menschen wüssten zwar, dass die ethischen Normen richtig seien, aber das Leben wird immer komplizierter, deshalb müsse man die Normen ein bisschen modifizieren. Wir hätten hier mit einem gefährlichen Mechanismus zu tun, erklärt Czapinski. Der Mensch versucht konkrete Normen an sein eigenes Verhalten anzupassen. So kann das gleiche Vergehen, zum Beispiel die Flucht vor den Steuern im eigenen Fall als moralisch begründet interpretiert werden. Im Falle von anderen Personen könnte das schon aber als Verstoß gegen die Normen angesehen werden. Der Status von Religion in Polen veränderte sich nach der Wende in den 80-ern sehr stark. Nicht nur die Moral, aber auch die Religion wird immer privater. Die Polen besuchen seltener den Gottesdienst, beten dafür aber immer öfter. Viele Menschern behaupten, sie bräuchten keinen Vermittler zwischen Ihnen und Gott, so Janusz Czapinski zu der neusten Studie über des Verhältnis von Religion und Moral in Polen.

 

RZECZPOSPOLITA: Eine Million Zloty kostete der Streik

Die Journalisten der  Tageszeitung Rzeczpospolita widmen sich in der heutigen Ausgabe den neusten Entwicklungen im Fall des Schwesternstreiks in Lodz. Mehrere Schwestern hatten im August des vergangenen Jahres für einige Tage ihre Arbeit niedergelegt. Ärzte und Schwestern, die nicht am Streik teilnahmen, mussten die Arbeit ihrer Kolleginnen übernehmen. Die streikenden Schwestern forderten eine Gehaltserhöhung, in Höhe von 2,5 bis 3 Tausend Zloty. Die ganze Aktion dauerte 2 Wochen. Der Direktor des betroffenen Krankenhauses, Piotr Kuna, fordert die Schwestern nun auf, die durch den Streik angefallenen Kosten zurück zu zahlen. Da das Krankenhaus nicht alle Patienten bedienen konnte, erhielt es in diesem Zeitraum weniger Geld aus dem Gesundheitsfond. Nach Berechnungen der Krankenhausleitung seien dadurch eine Million Zloty Schulden entstanden. Direktor Piotr Kuna fordert nun den Schwesternverband auf diese Summe zurückzuzahlen. Sollten sich die Schwestern weigern, werden rechtliche Schritte eingeleitet, kündigte Piotr Kuna an. Dorota Gardias, Vorsitzende des Schwesternverbandes ist geschockt. In ihrer langjährigen Karriere, sei sie noch nie mit einer solchen Forderung konfrontiert worden. Maria Ochman, von der Gewerkschaft Solidarnosc bezeichnet diesen Fall sogar als Präzedenzfall.

Direktor Kuna weiß auch schon was er mit den eine Million Zloty machen würde, er würde das Geld den Arbeitnehmern auszahlen, die die Arbeit nicht niedergelegt und sich um die Patienten gekümmert haben.

 

kk