• 01.04.2009

DZIENNIK, GAZETA WYBORCZA: Walesas Ausnahme

Nur ausnahmsweise erschien Altpräsident Lech Walesa bei der gestrigen Konferenz zum Jubiläum des Falls des Kommunismus in Polen. Nach den erneuten Beschuldigungen über seine vermeintliche Zusammenarbeit mit der kommunistischen Geheimpolizei, kündigte Lech Walesa an, er werde aus dem öffentlichen Leben zurücktreten und ins Ausland umsiedeln. Walesas Erscheinen im Saal der Danziger Technischen Hochschule sorgte für Überraschung. Der Ex-Politiker wurde mit großem Beifall begrüßt. Die Anwesenden, die vor 20 Jahren sowohl die Interessen der antikommunistischen Opposition als auch die der kommunistischen Regierung vertraten, haben gestern einstimmig Lech Walesa ihre Unterstützung zugesprochen. Es gäbe in Polen Menschen, die denken, dass man jeden beschmutzen kann. Der Mann, der einst der Anführer von Solidarnosc war, ein polnischer Held, fühle sich nun wie ein Gejagter. Was sage diese Situation über Polen aus? Diese rhetorische Frage stellte der erste nichtkommunistische Premierminister Tadeusz Mazowiecki. Er möchte sich bei Walesa für das was gerade in Polen passiere entschuldigen, sagte der Historiker Professor Andrzej Paczkowski. Die Unterstützung von Seite prominenter Polen hat den Zorn des Altpräsidenten jedoch nicht gänzlich gemildert. Nach der Konferenz hat Walesa erneut angekündigt, dass er in Zukunft an keinen nationalen Feiertagen, die mit dem Fall des Kommunismus in Polen verbunden sind, teilnehmen wolle. Er habe es nicht verdient. Soll ein Agent bei nationalen Feierlichkeiten eine Rede halten?, spottete Walesa. Der Politiker sagte ebenfalls, er zöge in Betracht, all seine Preise, darunter auch den Friedensnobelpreis zurückzugeben. 

 

GAZETA WYBORCZA: Folgenschwere Kanonade

Die Tageszeitung Gazeta Wyborcza (Salwą w słuch) schreibt heute über einen kuriosen Fall, der sich letztes Jahr abgespielt hat. Der 80-jährige Schneider Czeslaw Orciuch aus Warschau ist seit einem Jahr schwerhörig. Das verdanke er dem Erzbischof Leszek Slawoj Glodz, meint der Warschauer. Czeslaw Orciuch kam zur Abschiedsmesse des Erzbischofs, dem ein Umzug nach Gdańsk bevorstand. Als Höhepunkt der Feierlichkeit wurden Kanonenschüsse abgefeuert. Da sich Herr Orciuch in unmittelbarer Nähe befand, kann er heute nur noch schlecht hören und macht die Gemeinde dafür verantwortlich. Er verstehe nicht, warum man die Leute nicht gewarnt habe und warum man die Geschütze so nah am Ausgang platziert habe. Die Kurie dagegen ist sich keiner Schuld bewusst und wusste angeblich nichts von der Kanonensalve. Ein Schadensersatz in Höhe von 20.000 Zloty für ein Hörgerät wurde ihm bis heute verwährt. Nun denkt der Warschauer Schneider darüber nach, vor Gericht zu ziehen. 

 

DZIENNIK: Fiat 126p auf Rang 3.

Autodiebe lieben den „kleinen Fiat”, stellt die Tageszeitung Dziennik (Zodzieje kochają malucha) fest. Der, inzwischen, fast historische Typ Fiat 126p, in Polen mit dem niedlichen Kosselnamen „Maluch” getauft, wurde, neben deutschen Autos im letzten Jahr am öftesten geklaut. Das geht aus den Polizeistatistiken für das Jahr 2008 hervor. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der gestohlenen Autos in Polen zum ersten Mal seit 10 Jahren wieder gestiegen. 2008 wurden an der Weichsel ca. 18 Tausend Fahrzeuge geklaut. Autodiebe zielen es besonders auf deutsche Automarken ab. An erster Stelle der schwarzen Liste platzierte sich der VW Passat, gefolgt von VW Golf. Unsicher können sich die Autobesitzer insbesondere in großen polnischen Städten fühlen. Diese Liste der gestohlenen Fahrzeuge spiegelt die Vorlieben der polnischen Kunden wieder. Deutsche Autos werden in Polen hoch geschätzt und gern gekauft. Autodiebe liefern also das, was man schnell verkaufen könne, erklärt den Mechanismus ein Kattowitzer Polizeibeamte, der sich seit Jahren mit der Bekämpfung von Autodiebstählen beschäftigt. Außerdem werden auch Fahrzeuge geklaut, deren Teile man schnell im Internet verkaufen könne. Es kam mehrmals vor, dass die Polizei ein Auto schon mehrere Stunden nach dem Diebstahl lokalisieren konnte. Die Freude der Beamten dauerte aber nur so lange, bis sie festgestellt haben, dass sie eigentlich nur die Karosse gefunden haben. Was könnte der Grund für die steigende Zahl von Autodiebstählen sein, fragt das Blatt? Die Polizei hat zwei Theorien. Es könnte sein, dass Diebe, die Anfang der 90-er Jahre hinter Gitter kamen, nun wieder auf freiem Fuß sind und ihrer alten Tätigkeit erneut nachgehen. Oder aber: die steigende Zahl der Diebstähle könnte eine erste klare Folge der Wirtschaftskrise in Polen sein.

 

kk