• 07.04.2009

GAZETA WYBORCZA: Fahrradfahrer warten auf ein Urteil

Fast 2000 Fahrradfahrer warten auf dieses Urteil mit Ungeduld – heute soll das Verfassungstribunal darüber entscheiden, ob man betrunkene Fahrradfahrer genauso hart wie betrunkene Autofahrer bestrafen soll. Wer heute nach Alkoholkonsum Fahrrad fährt, muss mit einer Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr, sowie mit einer Geldbuße rechnen. Ein Richter aus dem westpolnischen Wschów meint, diese Regelung sei absurd. Es komme vor, dass dieses Gesetz ganze Familien ins Unglück stürze, denn wer möchte einen ehemaligen Häftling anstellen, sagt Richter Jaroslaw Sielecki, der sich an das Verfassungstribunal wandte. Wäre diese Regelung zumindest wirksam, könnte er sie akzeptieren, aber die Sicherheit auf den polnischen Straßen habe sich überhaupt nicht verbessert, führt Sielecki fort. Besser würden nur die Polizeistatistiken aussehen. Ein betrunkener Passant stelle eine nicht mindere Gefahr für den Straßenverkehr dar, aber ihm drohen nur maximal zwei Wochen Haft oder ein Bußegeld. Die Argumentation des Richters unterstützen Leiter der Justizvollzugsanstalten. In ihrem Milieu werde die Meinung, dass das Gefängnis einem Fahrradfahrer mehr Schaden als Nutzen hinzufüge, oft vertreten, sagt die Sprecherin des Zentralen Vorstandes der Justizvollzugsbeamten der Tageszeitung Gazeta Wyborcza (Kolarze czekają na wyrok). Die Zahlen seien schockierend, meint Krzysztof Olkowicz, Leiter eines Gefängnisses im nordpolnischen Koszalin. Die Steuerzahler müssen Millionen dafür zahlen, dass der Staat einfachen Menschen das Leben ruiniere. Nur wenige von den Verurteilten kamen vorher in Konflikt mit dem Recht. Die meisten kommen aus kleinen Städten und Dörfern. Seit zwei Jahren versuche er mit dieser Situation zu kämpfen, meint Olkowicz. Er hatte mehrmals mit den Richtern gesprochen. Immer wieder hat er wiederholt, das ein Fahrradfahrer, der zwei Glas Bier ausgetrunken hatte, doch nicht genauso hart wie ein Dieb verurteilt werden kann. Es sei ein hartes Recht, aber eben ein Recht, lautete meistens die Antwort. 

 

RZECZPOSPOLITA: Kaczynski auf Tournee

Der polnische Präsident ging auf eine Tournee. In den vergangenen 6 Monaten besuchte Lech Kaczynski 33 polnische Ortschaften, berichtet die Tageszeitung Rzeczpospolita (Prezydencki rajd po kraju). Offiziell stattet das Staatsoberhaupt kleinen polnischen Städten besuche aus Anlass des 90. Jahrestages der Unabhängigkeitserklärung ab. Kaczynskis Ausflüge sind sehr vielfältig. Es gab schon patriotische Akzente, Treffen mit der Jugend sowie Besuche an verschiedenen Hochschulen – also alles was das Wählerherz begehrt. Der Politologe Wawrzyniec Konarski meint, dass Kaczynskis Reisen auch ein verdecktes Ziel haben und zur Verbesserung seiner politischen Lage beitragen sollen. Die Berater des Staatsoberhauptes erhoffen sich nach der Tournee höhere Unterstützung und bessere Ergebnisse in den Meinungsumfragen. Im Januar haben 23% der Befragten die Präsidentschaft von Lech Kaczynski als positiv bezeichnet. Im März waren es schon 25%.  Das Staatsoberhaupt besucht vor allem kleine Städte. Für die Menschen in kleinen Ortschaften sind persönliche Treffen viel wichtiger als für Großstädter. Von diesem Standpunkt aus sei diese Taktik sehr sinnvoll. Doch der Politologe Eryk Mistewicz ist der Meinung, dass man bei der Tourneeeinplanung einige Fehler begangen hatte. Den Reisen fehle es an einer konkreten Botschaft. Es sei wie ein Leerlauf.

 

GAZETA WYBORCZA: Berlusconi wirbt für Wajdas Film

Die Tageszeitung  Gazeta Wyborcza berichtet heute von Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der während des NATO- Gipfels in Strassburg dazu aufgerufen hat, das Kriegsdrama „Katyn“ des polnischen Regisseurs Andrzej Wajda anzusehen. Alles fing damit an, dass der italienische Journalist Luigi Geninazzi im März vom polnischen Konsul zu einer  Filmvorführung eingeladen wurde. Der Film wurde in ganz Mailand nur in einem einzigen Kino ausgestrahlt und konnte die Anzahl der Kinogäste nicht fassen. „Katyn“ sei ein Film, der in jeder Schule gezeigt werden müsse, sagte Geninazzi. Der daraufhin veröffentlichte Artikel Geninazzis rief breite Empörung hervor. Der italienische Kulturminister forderte Kinos auf, „Katyn“ auszustrahlen und Fabrizio Cicchito, ein Parteifreund Berlusconis, nannte den schwachen Vertrieb des Films einen Skandal. Filmverleiher Mario Mazzarotto hat das Gefühl, dass der Film in Italien einem Boykott zum Opfer gefallen sei. Berlusconi ließ auf dem Gipfel laut werden, dass dies ein gutes Beispiel dafür sei, dass in Italien immer noch das kommunistische System herrsche. Russland war auf dem Gipfel nicht vertreten. Es wäre interessant zu wissen, ob Berlusconi den Film empfehlen würde, wenn sein Freund Putin anwesend wäre, kommentiert das Blatt. Der Wirbel um den Film hat jetzt was Gutes: er wird nun in den italienischen Kinos und Klassenzimmern gezeigt. Der Streifen erzählt von dem Massaker in Katyn, bei dem im Frühjahr 1940 Einheiten des sowjetischen Innenministeriums, mehrere Tausend polnische Offiziere und Zivilisten ermordeten. 

 

kk