DZIENNIK, GAZETA WYBORCZA: Keine Überraschungen bei den Wahlen
Viel Platz widmet die polnische Presse heute den Wahlen zum Europaparlament. Es gab keinen K.O., fasst die Tageszeitung Gazeta Wyborcza das Duell der zwei größten polnischen Parteien Bürgerplattform PO und Recht und Gerechtigkeit PiS zusammen. Die Regierungspartei PO hat zwar gewonnen, doch PiS ereichte ein weitaus besseres Resultat als erwartet. Die Tageszeitung Dziennik kommentiert: die Regierungspartei besiegte sicher seinen größten Konkurrenten. Es sei eine große Sache, fast zwei Jahre nach den Parlamentswahlen, wo man während einer finanziellen Krise regieren musste, dass Wahlergebnis noch zu verbessern, sagte Premierminister Tusk, als gestern die ersten Prognosen bekannt gegeben wurden. Der Regierungschef bedankte sich bei allen für ihre Wahlbeteiligung. Er hoffe, dass Polen jetzt eine noch wichtigere Rolle in Europa spielen werde, fügte Tusk hinzu. Man konnte erkennen, dass die gesamte Parteiführung aufgeatmet hatte, als auf einem Bildschirm die ersten Ergebnisse der Wahlen ausgeblendet wurden.
Eine ebenfalls freudige Atmosphäre herrschte im Sitz der Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit. Am frühen Nachmittag war die Situation noch aufs Äußerste angespannt. Die Politiker haben erst aufgeatmet, als auf dem Bildschirm die Prognose zu sehen war – 31% für Jaroslaw Kaczynski und seine Partei. Er sei sicher, dass seine Kolleginnen und Kollegen im Europaparlament das Parteimotto, „Mehr für Polen” realisieren werden, sagte gestern Parteichef Kaczynski umrundet von lauter lächelnden Gesichtern. Die Politiker der Linken waren dagegen etwas enttäuscht. Parteiführer Grzegorz Napieralski kam in den Parteisitz sehr gut gelaunt. Doch Minuten später hieß es, 10% für seine Partei. Das Lächeln verschwand aus Napierlaskis Gesicht. Es sei dennoch mehr, als Ihnen viele zugetraut hätten, versuchte der SLD- Chef das Ergebnis zu relativieren. Eine völlige Niederlage musste die euroskeptische Partei Libertas Polska einstecken, die deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde blieb, so die Tageszeitung Dziennik zu den gestrigen europäischen Wahlen.
DZIENNIK: Was nun?
Die Tageszeitung Dziennik lässt schon ein Szenario für die kommenden Monate entstehen. Nach den gestrigen Wahlen zum Europaparlament sind für die Oppositionspartei PiS die kommenden Präsidentschaftswahlen von größter Bedeutung, stellt das Blatt fest. In den nächsten Tagen soll ein Wahlkomitee entstehen, das sich für den amtierenden Präsidenten einsetzen wird. Auch die Regierungspartei stellte Berichte aus der gestrigen Wahl zusammen. Diese wird nun die Parteispitze analysieren. Zwar sollen diese Berichte nur rein technische Daten enthalten, doch es ist ein offenes Geheimnis, dass man sie unter dem Gesichtspunkt der kommenden Präsidentschaftswahlen auswerten will. Die Wahlen zum Europaparlament sind in Polen eine Art Generalprobe vor den Landeswahlen. Dennoch unterstreichen Vertreter der Regierungspartei: bislang gab es noch kein Treffen mit Premierminister Tusk, der um das höchste Amt im Staat kämpfen wird.
POLSKA: Die Wähler haben „Nein” gesagt
In einem Kommentar für die Tageszeitung Polska schreibt Mira Suchodolska, die niedrige Wahlbeteiligung sei für sie keine Überraschung gewesen. Obwohl sie auf ein Wunder hoffte. Doch den Gesprächen, die sie in den letzten Tagen führte, war eines zu entnehmen – die Polen haben es satt, von Politikern instrumental behandelt zu werden. Gestern haben die Wähler endlich „genug” gesagt. Es gehe nicht darum, dass die Polen das Funktionieren des Europaparlaments nicht verstehen, oder seine Bedeutung nicht richtig einschätzen würden. Falsch. Die Polen sich überzeugte Euroenthusiasten. Und sie haben gewählt. Sie haben sich gegen die Politiker entschieden. Nicht gegen Europa, sondern gegen eine Instrumentalisierung der Wähler durch die polnischen Politikern, so die Publizistin Mira Suchodolska im Blatt Polska.
kk