Im Vordergrund der Presseschau steht kein anderer, als der Pole Jerzy Buzek. Am Dienstag wurde er zum neuen EU-Parlamentschef gewählt. Buzek ist somit der erste Politiker von jenseits des eisernen Vorhangs, der die Leitung des Europäischen Parlaments übernimmt.
Die Zeitungen sind sich einig: Seine Wahl ist ein großer Erfolg für Polen, für Jerzy Buzek selbst und ein Kompliment für die gesamte Region. Eine Bestätigung dafür, dass Europa, fünf Jahre nach seiner Erweiterung um die postkommunistischen Länder, die Teilung in alt und neu überwunden hat, schreibt die linksliberale Zeitung Gazeta Wyborcza.
Buzek werde als Präsident des Europaparlaments jedoch nicht die Rolle des osteuropäischen Anwalts spielen. Er soll als Parlamentspräsident des gesamten vereinigten Europas agieren. Diejenigen, die glauben, Buzek könne für Polen in Brüssel etwas herausholen, könnten sich enttäuscht fühlen. Als Informationsquelle zu europäischen Trends und Entscheidungen, werde Buzek allerdings für Polen dank seiner engen Zusammenarbeit mit dem Kommissionspräsidenten und der EU-Troika, sowie seiner Nähe zum polnischen Premier Tusk und Außenminister Sikorski von unschätzbarem Wert sein.
Rzeczpospolita: Slogans, die miteinander in Konflikt stehen
Die konservative Rzeczpospolita sieht es anders. Die Wahl eines Polen zum Chef des Europaparlaments hatte beweisen sollen, dass wir es immer mehr mit einem vereinten Europa zu tun haben, in dem die Teilung in Ost und West überwunden wurde. Es reicht jedoch vollkommen aus, sich die Gestalten und Symbole anzuschauen, die während der Amtseinführung des neuen Parlamentspraesidenten genannt wurden, um sich bewusst zu werden, dass es kein vereintes Europa gibt und auch nie geben wird. Buzek habe in seiner Rede das katholische Oberhaupt Papst Johannes Paul den II und die Slogans der antireligiösen Französischen Revolution in einem Atemzug genannt. Slogans, die miteinander in Konflikt stehen.
Die Wahl Buzeks ist daher zwar ein enormer Erfolg des ehemaligen Premiers sowie Polens und aller Staaten, die gegen den Kommunismus gekämpft haben. Wir sollten uns deshalb aber nicht ein Europabild aufzwingen lassen, das heute den Idealen der Französischen Revolution sehr viel näher steht als der Botschaft Karol Wojtylas, schreibt die konservative Rzeczpospolita.
FAKT: „Vivat Buzek. Europa gehört uns“
Ein Blick in die Boulevardzeitung Fakt. Hier der Aufmacher: „Vivat Buzek. Europa gehört uns“. Das ist ein großer Erfolg für Polen – unser Land lässt sich nicht an den Rand der EU drängen. Jetzt haben wir eine Garantie dafür, dass keine Entscheidung der EU polnischen Interessen ins Gehege kommen wird, schreibt Fakt.
Premier Donald Tusk betont in seinem Namensbeitrag für Fakt: „Die Wahl Jerzy Buzeks ist ein Beweis für die erfolgreiche Europapolitik der jetzigen Regierung.“ Präsident Kaczynski erklärt seine persönliche Wertschätzung für die „vielen Talente“ Buzeks und unterstreicht: „Dies ist auch ein Erfolg Polens, der hervorragend unsere Stellung in der europäischen Gemeinschaft belegt“.
Hans Gert Pöttering nennt Buzek im Interview mit Fakt „einen engen Freund“ und erklärt, seine Wahl sei „ein eindeutiges Signal dafür, dass Polen ein vollberechtigter Partner in Europa“ sei.
Die Tatsache dass der polnische Politiker von einer sehr großen Mehrheit der Abgeordneten gewählt worden war, ist natürlich ein Grund zur Freude und zum Stolz. Man muss jetzt nur noch hoffen, dass es ein wirksamer Politiker und ein wirksamer Reformator sein wird.
jc