• Europäischer Presseblick
  • 15.01.2010

RZECZPOSPOLITA: Floskeln bei Ashton-Anhörung

Die Anhörung der Kandidaten für die Posten der europäischen Kommissare ist ein Thema in der Tageszeitung Rzeczpospolita (Polak ma taryfę ulgową). Der polnische Designierte Janusz Lewandowski habe einen guten und kompetenten Eindruck gemacht. Die Amtsgenossen vom Europäischen Parlament haben ihren Kollegen sehr milde und freundlich betrachtet. Anders verlief das Gespräch mit der Engländerin Ashton. Zur Anhörung der neuen EU-"Außenministerin" Catherine Ashton schreibt das Blatt, während ihres letzten Besuchs im Europäischen Parlament habe sie sich wegen ihres miserablen Wissens über internationale Angelegenheiten beinahe blamiert. Diesmal sei sie zwar viel besser vorbereitet gewesen, ihr Auftritt sei aber so, wie die ganze bisherige Außenpolitik der EU: voll von unbedeutenden Floskeln über ein "stärkeres und glaubwürdigeres Europa". Es werde schwer sein, aus diesen Brüsseler Erklärungen eine Zukunftsvision für die Union herauszufischen, meint das Blatt. Denn über das Verhältnis der EU zu Russland werde nicht Ashton und über das EU-Steuersystem nicht Janusz Lewandowski entscheiden. Viel spannender wäre eine Anhörung von Nicolas Sarkozy. In diesem Fall müssten sich aber die Euro-Abgeordneten in den Élysée-Palast begeben.

 

WPROST: Nur auf die USA sei Verlass

Ein interessanter Dialog ergibt sich aus zwei Interviews, die die meinungsbildenden Wochenzeitschriften Wprost und Newswek (Wyścig mocarstw) diese Woche druckten. Newsweek spricht mit dem amerikanischen Politologen Robert Kagan über die Machtverhältnisse in der Welt im Jahre 2010. Kagan meint, Russland würde sich in den letzten Jahren wieder einmal wie ein Imperium aus dem XIX. Jahrhundert verhalten und wolle seinen Einfluss in den ehemaligen Sowjetrepubliken vergrößern. Man könne nicht ausschließen, dass eines Tages Moskau auch Polen seiner Kontrolle wird versuchen unterzuordnen. Unter anderem deshalb habe Russland so heftig gegen die Installierung der US-Raketenabwehr in Polen und Tschechien protestiert. Die Entscheidung Obamas, auf die Raketenabwehr in Osteuropa zu verzichten, sei ein Zeichen der Schwäche gewesen, meint Kagan. Moskau glaubt nun, auf die Entscheidungen der NATO einen größeren Einfluss zu haben. Robert Kagan verstehe, dass Polen ein Mitglied der Europäischen Union sei. Das bedeute aber nicht, dass der nordatlantische Pakt passe wäre. Im Gegenteil: Polen dürfe sich nicht einzig und allein auf die Sicherheitsgarantien der europäischen Länder verlassen. Nur auf die Vereinigten Staaten sei Verlass, meint der amerikanische Politologe Robert Kagan.

 

NEWSWEEK: Nur auf Europa sei Verlass

Anders sieht es der französische Publizist Guy Sorman. Im Gespräch mit der Wochenzeitschrift Wprost (Fukuyama I Kagan to niekreatywni tradycjonaliści) sagt der Franzose, er möge und schätze Robert Kagan, doch der Amerikaner sei ein äußerst konservativer Denker. Ginge es nach Kagan, sollte die ganze Welt genauso wie die USA aussehen. Doch der Amerikaner verstehe nicht, dass Europa ein komplett von Amerika verschiedenes politisches Gebilde sei, führt Sorman fort. Wie Europa in diesem Jahr aussehen werde? Es gebe solche, die sich ein imperialistisches Europa wünschten, mit einer starken zentralen Führung, die jeden Lebenszweig kontrollieren sollte, darunter auch die Wirtschaft. Demnach sollte die Union so etwas wie eine Variante der Sowjetunion oder China werden.

Die anderen glauben dagegen, dass Europa eine Konföderation unabhängiger Staaten werden sollte. Ihm sei die zweite Konzeption lieber, sagt Guy Sorman. Eine Zusammenkunft unabhängiger Staaten, für die der freie Markt ein gemeinsamer Nenner war, liege in den Ursprüngen der Europäischen Gemeinschaft. Die Idee eines gemeinsamen Europas sei gelungen, weil sie sich auf solchen Werten, wie der freie Markt und die Suche nach Kompromisslösungen stützte. Das Ziel der EU waren Friede und Wohlstand, kein Imperialismus, so Guy Sorman in der Wocheneitschrift Wprost.

 

kk