Gazeta Wyborcza: Die Frage nach dem Afghanistanabzug
Wie lange bleiben polnische Truppen noch in Afghanistan? Dieser Frage geht die Gazeta Wyborcza in ihrer heutigen Ausgabe nach. Die Zeitung zitiert den polnischen Verteidigungsminister Radoslaw Sikorski. Dieser hatte bei einem Treffen mit einem afghanischen Provinzgouverneur in Warschau gesagt, der polnische Einsatz würde noch bis 2014 dauern.
Diese Aussage steht im Gegensatz zu den Wahlversprechen des polnischen Präsidenten Bronislaw Komorowski. Dieser hatte laut Gazeta Wyborcza während des Präsidentschaftswahlkampfs versprochen, Polen würde seine Truppen spätestens bis 2012 aus Afghanistan abziehen. Laut Wyborcza ist jedoch in dieser Angelegenheit die Stimme der Regierung entscheidend, und diese hatte bisher keine offizielle Erklärung über den Rückzug polnischer Truppen abgegeben. Die Entscheidung darüber, wann genau Polen seine Truppen zurückzieht, hängt laut Wyborcza auch von den Ergebnissen des Natogipfels in Lissabon ab. Dort werden im November für Polen sehr wichtige Fragen der Bündnispolitik diskutiert.
Gazeta Wyborcza schreibt auch, dass es bei einem Treffen Komorowskis mit dem NATO-Generalsekretär Rasmussen im September zu kleinen Meinungsverschiedenheiten gekommen war. Komorowski hatte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz gesagt, er sei froh, dass die NATO einen Rückzugsplan aus Afghanistan für 2011 erarbeitet. Rasmussen korrigierte Komorowski und machte deutlich, dass 2011 nur der Anfang eines langfristigen Abzugplanes sein könne, und dass die Afghanische Regierung die Sicherheit in ihrem Land vor 2014 nicht ohne Hilfe internationaler Truppen garantieren kann. Laut Wyborcza ist Komorowski seit langem ein starker Befürworter eines frühestmöglichen Afghanistanabzugs. Er kritisiert unter anderem, dass der Einsatz Gelder verschlinge, die für die Modernisierung der polnischen Streitkräfte benötigt werden.
RZ: Oppositionsführer analysiert die polnische Außenpolitik
Jaroslaw Kaczynski schreibt Briefe. Der Chef der Opposition hat eine Zuschrift an die Botschafter der EU-Mitgliedsländer in Polen verfasst, lesen wir in der Rzeczpospolita. Darin analysiert er die Strömungen der polnischen Außenpolitik der vergangenen Jahre sowie die Beziehungen zwischen der EU und Russland. Unter anderem schreibt Kaczynski: „Europa wurde 2010 vielmehr durch die größten Mitgliedsstaaten dominiert als 2004. Im Leben brauchen wir Freundschaften und in der Politik Bündnisse. Freundschaft baut man nicht durch Egoismus. Bündnisse festigt man nicht durch das Vergessen der Verbündeten.“ (Kaczynski meint hier Georgien, das vor zwei Jahren in einem militärischen Konflikt mit Russland ganz auf sich alleine gestellt war. Keines der EU-Länder, außer Polen, hat dem Land geholfen.)
Die Tageszeitung greift aus dem Brief Kaczynskis vor allem seine Äußerung zu Russland heraus. Die Gespräche über das Antiraketenschutzschild in Polen hätten gezeigt, dass Amerikas Engagement in Europa immer geringer wird. „Diese Situation konnte nur eintreten, weil die imperialistische Außenpolitik Moskaus keine Reaktion der großen politischen Spieler in Europa und Amerika ausgelöst hat“, schreibt Kaczynski in seinem Brief an die Botschafter der EU-Mitgliedsländer in Polen.
Gazeta Wyborcza: Bürgerkonsultationen in Warschau
Die Gazeta Wyborcza berichtet heute über eine neue Form des Wahlkampfes in Polen. In Anbetracht der kommenden Kommunalwahlen haben die Bürgermeister mehrerer Warschauer Stadteile ihre Beamten losgeschickt, um Bürgerkonsultationen durchzuführen. Ihre Anregungen können die Bewohner den Beamten bei mobilen Informationspunkten oder über das Internet mitteilen, so die Zeitung. Im Stadtteil Praga-Poludnie geht es zum Beispiel hauptsächlich um die Frage, zu welchem Zweck Lokale, die sich im Besitz der Stadt befinden, verwendet werden sollten. Die Wünsche der Bewohner reichen dabei von Bioläden bis hin zu Schustern. Bei den Ausschreibungen für die Vermietungen leerer Lokale könnten solche Anregungen dann berücksichtigt werden, zitiert die Wyborcza den Vizebürgermeister des Stadtteils Praga-Poludnie Adam Grzegrzółka. Andere Themen, auf welche die Bewohner Einfluss nehmen können, sind laut Wyborcza etwa der Verlauf von Fahrradwegen, die Gestaltung von Parks und Plätzen und der Bau von Kulturzentren.
Das Blatt fragt, ob die Bürger tatsächlich Einfluss haben, oder ob es sich bei der Initiative eher um eine Marketingaktion handelt. Der Vize-Bürgermeister Adam Grzegrzółka versichert, dass die Anregungen der Bürger ernst genommen und verwirklicht werden. Als Beispiel nennt er die Erneuerung eines Parks in seinem Stadtteil. Noch vor den Planungen für das Projekt habe man die Einwohner gefragt, was sie sich von dem neuen Park erhoffen. Die Architekten hätten bei der Ausarbeitung des Projektes die Pflicht gehabt, die Wünsche der Einwohner zu berücksichtigen.