DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Mord an PiS Mitglied verschärft die politischen Lagerkämpfe
Ein Mensch ist tot, ein zweiter schwebt in Lebensgefahr – das ist die Bilanz der gestrigen Attacke eines 62-jährigen Mannes auf das Büro der PiS-Partei in Lodz. Der Vorfall löste heftige Emotionen im ganzen Land aus. In der polnischen Presse ist sogar von gegenseitigen Hasstiraden der Politiker die Rede. Die Polizei hatte es noch nicht einmal geschafft den Täter zu verhören, da wurde er schon zum Symbol einer neuen Teilung der polnischen Gesellschaft, schreibt die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna (Mordercza spirala nienawiści). Der Appell von Premierminister Tusk, der eine “Ernüchterung” in der Politik forderte, löste eine Spirale von gegenseitigen Beschuldigungen aus. Die schärfsten Worte kamen aus dem Lager der PiS-Partei. Jaroslaw Kaczynski hat keine Zweifel, dass der Mord das Ergebnis einer langwierigen Hasskampagne gegen seine Gruppierung sei. Auf eine Antwort aus dem Regierungslager musste man nicht lange warten. Der PO-Abgeordnete Stefan Niesiolowski sagte, er betrachte Jaroslaw Kaczynski nicht mehr als ein politisches, sondern nur noch als ein psychiatrisches Problem. Leszek Miller, ehemaliger polnischer Premierminister und Politiker der Linken meinte, Kaczynski habe bewiesen, dass er einen weiteren Tod für politische Zwecke ausnutzen werde. Premierminister Donald Tusk ließ sich nicht in die Diskussion verwickeln. Er sprach den Familien und der gesamten PiS-Partei seinen Beileid aus und gab gleichzeitig zu, dass der Mord allem Anschein nach politisch motiviert gewesen war.
GAZETA WYBORCZA: Kaczynskis Vorwürfe an die Regierung sind absurd
\In ihrem Kommentar zu den dramatischen Geschehnissen in Lodz schreibt die Tageszeitung Gazeta Wyborcza (Mord w biurze PiS), man wisse noch nicht, ob es sich hier in der Tat um einen politischen Mord handele, oder ob der Angreifer versuche, persönliche Gründe hinter einem angeblichen politischen Motiv zu verstecken. Dennoch hätten Jaroslaw Kaczynski und ein Teil der Kommentatoren bereits festgestellt, dass sowohl die Regierungspartei als auch andere PiS-Gegner die Verantwortung für den Mord tragen. Keiner in Polen habe zu politischen Morden aufgerufen, schreibt das Blatt. Man sprach einzig und allein davon, die PiS-Partei politisch zu bekämpfen. Deshalb sei es sogar gegenüber dem ärgsten politischen Rivalen eine Anmaßung, ihn für diesen Mord verantwortlich zu machen. Auch die schärfste politische Auseinandersetzung sei das Gegenteil vom Töten, so der Kommentar in der Tageszeitung Gazeta Wyborcza.
WPROST: Die Polen sind Muttersöhnchen
Wenn der 32-jährige Robert aus Krakow duschen geht, bereitet ihm seine Mutter das Frühstück vor. Was er zum Mittagessen möchte, fragt ihn die Mutter, wenn Robert das Haus verlässt und zur Arbeit geht. Gleich danach räumt die Hausfrau das Zimmer ihres Sohnes auf, bügelt seine Hemden und sortiert die Kleidung in seinem Schrank. Robert ist seiner Mutter sehr dankbar für die Hilfe. Allein hätte er es schwieriger gehabt. Nur manchmal kommt es ihm vor, als ob ihn seine Eltern immer noch als kleines Kind betrachten würden. Dabei hat der Krakauer doch schon vor langer Zeit sein Studium beendet und einen guten Job gefunden. Ausziehen aus dem Elternhaus möchte er aber noch nicht. Wozu auch, wenn es mit den Eltern so bequem ist. Die Wochenzeitschrift Wprost (Maminsynek polski) beschreibt diese Woche die polnischen “Mammoni“ – die Müttersöhnchen. Laut einer neuesten Studie des Eurostats, leben ca. 2, 5 Millionen Polen zwischen dem 25 und 34 Lebensjahr immer noch mit ihren Eltern. Stärker an die Eltern gebunden sind nur die Slowenen, Slowaken, Griechen und, selbstverständlich, die Italiener. Das Phänomen der massenhaften Unselbstständigkeit werde in Polen meist durch die hohen Wohnungspreise erklärt, sagt der Soziologe Professor Leszek Gilejko. Dies sei aber nur ein Teil der Wahrheit. Die polnischen Mammoni verbindet mit ihren ausländischen Kollegen vor allem die Liebe zum bequemen Leben und die Angst vor dem Erwachsenwerden, so Professor Gilejko in der Wochenzeitschrift Wprost.