Polityka: Polnischunterricht für Flüchtlingskinder
In Deutschland ist die Integrationsdebatte aktueller als jemals zuvor. Und auch die Sprachkenntnisse von Einwanderer-Kindern sind in diesem Zusammenhang ein oft diskutiertes Thema. Doch auch in Polen ist das Problem nicht unbekannt, wie das Wochenmagazin Polityka in seiner aktuellen Ausgabe berichtet. Etwa 8000 ausländische Kinder und Jugendliche besuchen laut Polityka derzeit polnische Schulen. Viele von ihnen sind Kinder Tschetschenischer Flüchtlinge, meist muslimischen Glaubens. Und das bringt viele Schulen, besonders solche, die in der Nähe von Flüchtlingsheimen liegen, in eine schwierige Lage. Denn einerseits sind sie dazu verpflichtet, die Kinder zu unterrichten – andererseits aber auf diese Aufgabe völlig unvorbereitet.
Neben kulturellen Unterschieden ist und bleibt die Sprache das Hauptproblem. Die Lehrer wissen einfach nicht, wie man Kinder unterrichten und benoten soll, die so gut wie kein Wort polnisch sprechen. Die Kinder hingegen sind aufgrund der mangelnden Sprachkenntnisse schnell frustriert, viele von ihnen schwänzen nach kurzer Zeit den Unterricht. Und auch die Eltern der polnischen Schüler machen sich sorgen: Werden die tschetschenischen Schüler das Unterrichtsniveau senken? Warum besucht zusammen mit ihren Kindern ein 14-jähriger die fünfte Klasse? Genau in solchen Situationen möchte Anna Grudzinska, die Gründerin der Stiftung „Forum Różnorodności – Forum der Vielfalt“, helfen. Sie selbst hat einen Migrationshintergrund. Als sie elf Jahre alt war zog sie mit ihren Eltern nach Deutschland. In der Grundschule konnte Grudzinska zunächst kein Wort Deutsch sprechen. Doch sie sei in den Genuss einer vorbildlichen individuellen Betreuung gekommen, so Grudzinska. Nach drei Monaten war sie in der Lage sich auf Deutsch zu verständigen, später ging sie aufs Gymnasium. Jetzt berät sie Schulen uns organisiert Schulungen, die polnischen Lehren beim Umgang mit den ausländischen Schülern helfen sollen.
Und viele ihrer Initiativen haben bereits Früchte getragen. Das Gymnasium nr. 20 in Warschau etwa ist laut Polityka ein Vorzeigemodell. 50 der 300 Schüler sind Ausländer. Wenn sie kein polnisch sprechen, werden die Kinder zunächst sogenannten „Multi-Kulti“ Gruppen zugeteilt. Intensiver Polnischunterricht, eine gemeinsame Theatergruppe, Nachhilfeunterricht in anderen Fächern und gemeinsame Freizeitaktivitäten sollen sie schnell auf den Unterricht mit ihren polnischen Altersgenossen vorbereiten.
Rzeczpospolita: Jaruzelski hat im nationalen Sicherheitsrat nichts zu suchen
Wojciech Jaruzelski ist für viele Polen immer noch ein Rotes Tuch – denn er war als Parteichef und Ministerpräsident Polens für die Einführung des Kriegsrechts im Jahr 1981 verantwortlich. Für Verwunderung sorgt jetzt die Nachricht, dass er an der heutigen Sitzung des nationalen Sicherheitsrates teilnehmen soll. Auch die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita kritisiert die Entscheidung in ihrer heutigen Ausgabe.
Der Nationale Sicherheitsrat berät den Präsidenten in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik. Anlass für das heutige Zusammentreffen des Gremiums ist der geplante Besuch der russischen Präsidenten Dimitrij Medwedjew in Polen. An der Sitzung sollen laut Rzeczpospolita auch die ehemaligen Präsidenten Lech Walesa und Aleksander Kwasniewski und einige frühere Premierminister Polens, unter ihnen auch Tadeusz Mazowiecki teilnehmen. Der Kommentator der Rzeczpospolita Piotr Zaremba kritisiert die Entscheidung heftig. Er wisse zwar, dass Jaruzelski formell gesehen der erste Präsident des freien Polens war. Die Ernennung Jaruzelskis zum Präsidenten sei aber damals eine Bedingung der Kommunisten gewesen, um ihre Macht abzugeben. Jaruzelski sei vor allem eines: Ein ehemaliger Diktator, gegen den heute noch im Zusammenhang mit den Verbrechen des kommunistischen Regimes ermittelt wird. Auch der Chef der Stiftung Pokolenie Przemyslaw Miskiewicz zeigt sich in der Rzeczpospolita empört. Er kam währen des Kriegsrechts ins Gefängnis, später litt er unter Repressionen des kommunistischen Regimes. Jaruzelski zur Teilnahme an einer Institution des freien Polens einzuladen, egal um welche es sich dabei handelt, sei ein Skandal, so Miskiewicz in der Rzeczpospolita.
fz