GW: Polen fürchten um ihre Rente
Gestern hat die Regierung einen Gesetzesentwurf zur Rentenreform präsentiert. Die Kommentare der Zeitungen sind uneins über die Auswirkungen der Rentenreform. Die Rzeczpospolita zweifelt vor allem daran, ob die Änderung auf lange Sicht das Rentenniveau sichern kann.
Das polnische Rentensystem basiert auf drei Säulen:
Die erste Säule ist die Staatliche Sozialversicherungsanstalt (ZUS). Die zweite Säule sind die offenen Rentenfonds, die ähnlich wie die ZUS Pflicht sind. Die dritte Säule sind die zusätzlichen privaten Versicherungen.
Der Vorschlag der Regierung sei nun, die zweite Säule zu reformieren. Ab April soll der Beitrag zu den Offenen Rentenfonds von 7,3 Prozent auf 2,3 Prozent sinken. Der Rest des Geldes (5%) fließt dann in die staatliche Rentenversicherungsanstalt ZUS. Dadurch erhielte die Rentenkasse mehr Geld, mit dem die Regierung das große Haushaltsdefizit abzahlen könnte.
Doch was bedeutet diese Reform für die Bürger, fragt sich die Gazeta Wyborcza? Wird sie den Menschen mehr oder weniger Rente einbringen? Nach Meinung von Experten der polnischen Wirtschaftskammer könnte die Reform eine Rentenkürzung um fast 600 Zloty (150 Euro) bedeuten. Der Finanzminister vertritt jedoch die Meinung, dass sich dank der Reform die Rente der Polen erhöhen wird. Die Materie sei so kompliziert, schreibt die Gazeta Wyborcza, dass nur Experten den Überblick behalten. Eins ist aber sicher: Der Grund für die Änderungen im Rentensystem liegt im katastrophalen Zustand des Staats-Budgets, schreibt die Gazeta Wyborcza.
Rz: 10. Geburtstag mit bitterem Beigeschmack
Still und leise hat die regierende Partei PO ihren 10. Geburtstag hinter sich gebracht. Die Bürgerplattform sparte sich Torte und Feier mit Blick auf die schwierige Budgetlage des Landes und die zeitliche Nähe zur Veröffentlichung des Untersuchungsberichts von Smolensk.
Der PO-Mitbegründer Andrzej Olechowski übt zum 10. Jahrestag der Parteigründung in einem Interview für das Blatt Rzeczpospolita scharfe Kritik an der aktuellen Regierung: „Ihr größtes Minus ist der Mangel an Verantwortungsgefühl gegenüber der Entwicklung Polens“ betonte Olechowski. Die PO von heute ziehe den politischen Frieden und den eigenen Wahlerfolg den tatsächlichen Erfordernissen vor. „Aber ich danke Gott, dass die PO und nicht die oppositionelle Recht und Gerechtigkeit PiS regiert.” Groll gegen die Regierenden hegt Olechowski vor allem, weil viele Versprechungen nicht umgesetzt wurden. So zum Beispiel Steuersenkungen und Entbürokratisierung. „Die Steuern wurden angehoben und allein im Warschauer Rathaus arbeiten 5000 Bürokraten mehr, als noch vor drei Jahren”, beklagt der Mitbegründer der regierenden Bürgerplattform PO, Andrzej Olechowski, in der Rzeczpospolita.
Autor: Joachim Ciecierski
Redaktion: Elisabeth Lehmann