Rzeczpospolita: Durchbruch im Streit um Katyn?
Das konservative Tagesblatt Rzeczpospolita berichtet heute von einem möglichen Durchbruch im polnisch-russischen Streit um das Massaker von Katyn. 1940 hatte der sowjetische Sicherheitsdienst NKWD über 20 000 polnische Offiziere in Katyn umgebracht. Jahrelang hatte die Sowjetunion und danach Russland Nazi-Deutschland für den Massenmord verantwortlich gemacht. Später weigerte sich Moskau, das Massaker als Völkermord anzuerkennen. Inzwischen sind diese beiden Probleme vom Tisch.
Allerdings weigerte sich Russland bisher, die ermordeten polnischen Offiziere zu rehabilitieren. Nun könnte es auch in diesem Punkt zu einem Fortschritt kommen, kündigte der russische Botschafter in Polen Aleksandr Aleksiejew an. Während einer Konferenz in Warschau sagte Aleksiejew, die politischen Entscheidungen seien gefallen, nun sei man nur noch auf der Suche nach der richtigen juristischen Formel für die Rehabilitierung der Soldaten. Laut der Rzeczpospolita spricht damit zum ersten Mal ein russischer Diplomat offiziell über die Rehabilitierung der Katyn-Opfer. „Die Aussage des Botschafters halte ich für ein gutes Signal – sagte der Zeitung Witomila Wolk- Jezierska, die Tochter eines von der NKWD ermordeten polnischen Offiziers. „Ich hoffe - auch wenn das erst eine Ankündigung von konkreten Entscheidungen ist - dass es endlich gelingt, das Thema Katyn abzuschließen. Aber wir warten nun auf konkrete Schritte“, so Wolk-Jezierska.
Gazeta Wyborcza: Katyn verändert Russland
„Katyn verändert Russland“ – so der Titel des Kommentars des Moskauer Korrespondenten der Gazeta Wyborcza Waclaw Radziwinowicz zu dem Thema. In dem Artikel zählt Radziwinowicz die wichtigsten russischen Gesten zu Katyn seit 2009 auf: von Putins Auftritt auf der Westerplatte, über den Kniefall des russischen Premierministers auf dem Friedhof von Katyn im vergangenen Jahr, bis hin zur Ausstrahlung des vorher verbotenen Films „Katyn“ von Andrzej Wajda im russischen Fernsehen. Diese Gesten Russlands gegenüber Polen haben, laut Radziwinowicz, einerseits mit der wachsenden Bedeutung Polens in der EU zu tun. Andererseits aber auch damit, dass Russland selbst sich vom Ballast des Stalinismus befreien möchte. Es ist ein Paradox, dass das Massaker von Katyn, für das Russland jahrzehntelang nicht die Verantwortung übernehmen wollte, für die Russen in den letzten Monaten zum wichtigsten Symbol für eine Befreiung von der bolschewistischen Vergangenheit geworden ist. Das ist ein Sieg der Opfer des Völkermords von 1940 über ihre Peiniger, so Radziwinowicz in seinem Kommentar für die Gazeta Wyborcza.
Polityka: Angst vor einem Europa der zwei Geschwindigkeiten
Über neue Probleme mit der Währungsunion Euro berichtet das linksliberale Wochenmagazin Polityka. In dem Artikel geht es um die deutsch-französischen Pläne, die Zusammenarbeit in der Eurozone zu vertiefen. Demnach sollen die 17 Staaten der Eurozone ihre Haushaltspolitik in Zukunft stärker koordinieren, ohne Rücksicht auf die anderen EU-Staaten zu nehmen. Damit sollen Krisen, wie die in Griechenland und Irland, in Zukunft vermieden werden können. Der Vorschlag, die Zusammenarbeit innerhalb der Währungsunion zu vertiefen, hat, wie die Polityka berichtet, zu einer starken Spaltung in der EU geführt. Länder von außerhalb der Eurozone, darunter Polen, warnen nun vor einem Europa der zwei Geschwindigkeiten, die kleineren Staaten der Eurozone wiederum fürchten, dass sie die Kontrolle über die eigene Wirtschaftspolitik verlieren.
Der Bruch an der EU-Spitze prophezeit nichts Gutes, so Polityka. Eigentümer der portugiesischen verzinslichten Wertpapiere haben ein weiteres Signal erhalten, dass die Länder der Eurozone nicht fähig sind, sich darauf zu einigen, wie die Währungsunion gestärkt werden kann. Die große Idee eines gemeinsamen Managements wird nun bei kleinteiligen Verhandlungen zwischen den Regierungen untergehen. Die Länder von außerhalb der Eurozone indes haben eine kalte Dusche bekommen. Diejenigen, die die gemeinsame Währung überhaupt nicht annehmen wollen, müssen mit einer Marginalisierung rechnen. Diejenigen, die, wie Polen, es nicht rechtzeitig geschafft haben, den Euro einzuführen, werden sicherlich härtere Beitritts-Kriterien erfüllen müssen, so die Polityka.
Autor: Adam de Nisau
Redaktion: Joachim Ciecierski