Gazeta Wyborcza: Die Wahlkampagne der Recht und Gerechtigkeit hat begonnen
Die Teilung der polnischen Gesellschaft nach Smolensk spiegelt sich auch in der Presse wieder.
Die Wahlkampagne der Recht und Gerechtigkeit hat begonnen, schreibt heute in seinem Kommentar zu den gestrigen Gedenkfeierlichkeiten in Warschau der Publizist der Gazeta Wyborcza Jaroslaw Kurski. Gestartet habe die Wahlkampagne Jaroslaw Kaczynski mit seinen Auftritten vor dem Präsidentenpalast und bei der Gründungsveranstaltung der Lech-Kaczynski-Bewegung in der Kongresshalle.Kaczynski habe die Gefühle der Familien der Smolensk-Opfer mit Füßen getreten. Er habe die Appelle der Kirche ignoriert, die zu Andacht und Ernsthaftigkeit aufgerufen hatte. Kaczynski, so Kurski weiter, habe angedeutet, dass es sich bei der Katastrophe um einen Mord gehandelt habe und dass Lech Kaczynski vielleicht nicht mehr unter uns weile, weil er um ein anders Polen gekämpft habe.
Vor kurzem noch, erinnert der Publizist, habe Kaczynski appelliert, den polnisch-polnischen Krieg zu beenden. Was bedeuten diese Worte jedoch, wenn ihnen gleich darauf die Taten widersprechen. Kaczynski zitiere das Evangelium, um gleich darauf zu beleidigen und die Polen zu teilen. Der gestrige Auftritt des PiS-Chefs sei der verachtungsvollste Auftritt eines Politikers gegenüber den Polen der letzten Jahre gewesen. Seit der kommunistischen Diktatur habe niemand seine Gegner mit solcher Frechheit aus der Volksgemeinschaft ausgeschlossen, so Kurski in seinem Kommentar zu den gestrigen Gedenkfeierlichkeiten in Warschau.
Rzeczpospolita: Unglaubwürdiges Polen
Der Chefredakteur der Rzeczpospolita Pawel Lisicki präsentiert eine andere Sicht der Dinge. Viele, so Lisicki, sagen, dass man aufhören solle zu trauern. Man müsse in die Zukunft schauen, die Politik dürfe keine Geisel der Vergangenheit sein. Solche Aussagen, so Lisicki weiter, zeugen allerdings davon, dass das Wesen der Debatte über Smolensk missverstanden werde. Diejenigen, die die Trauer ein Jahr nach der Katastrophe nicht beenden wollen, sind nicht übersensibel oder unfähig in die Zukunft zu schauen. Ihnen gehe es um die Glaubwürdigkeit des polnischen Staates. Man könne doch nicht an die Effektivität, Unabhängigkeit und Souverenität des polnischen Staates glauben, wenn dieser nicht in der Lage ist, zu erklären, wie es zu solch einer großen Tragödie kommen konnte. Ein Staat, der nicht fähig ist, sein symbolisches Oberhaupt und seine höchsten Beamten zu schützen, werde auch nicht fähig sein, seine Bürger in Schutz zu nehmen. Einem Staat, der die Verantwortlichen für eine solche Katastrophe nicht bestraft, kann man nicht vertrauen. Und man kann seine Autorität nicht anerkennen. Das klinge bitter, aber den Test diesen wichtigen Test der Glaubwürdigkeit habe die Regierung nicht bestanden, so Lisicki in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita.
Gazeta Wyborcza: Streit um Gedenktafel unvermeidlich
Die Gazeta Wyborcza äußert sich auch zu dem Konflikt zwischen Polen und Russland um die Gedenktafel in Smolensk. In der Nacht von Freitag auf Samstag hatte die russische Seite die von Angehörigen der Smolensk-Opfer angebrachte Gedenktafel gegen eine neue ausgetauscht. Auf der neuen Tafel ist nicht mehr die Formulierung „Völkermord in Katyn“ zu finden, die sich auf der polnischen Tafel befand. Laut der Gazeta Wyborcza war der Austausch der Tafel unvermeidlich. Denn das Massaker von Katyn 1941, in dem die Sowjets einige Tausend polnische Offiziere ermordet hatten, sei rechtlich gesehen kein Völkermord gewesen sondern ein Verbrechen gegen die Menschheit, erklärt in der Zeitung der Jurist Janusz Symonides.
Was allerdings zu vermeiden gewesen wäre, betont der Publizist der Gazeta Wyborcza Grzegorz Sroczynski, war der Skandal kurz vor den Gedenkfeierlichkeiten. Das polnische Außenministerium habe gewusst, dass die Aufschrift in Smolensk Russland nicht gefällt und das der russische Staatspräsident Dmitri Medwedew vor einer solchen Tafel keine Blumen niederlegen wird. Die polnischen Diplomaten hätten die Signale aus Russland ignoriert und die Entscheidung, was mit der Tafel passieren soll, aufgeschoben- vor allem aus Angst vor der Reaktion in Polen. Wozu solches Denken führt, sieht man jetzt, so Sroczynski in der Gazeta Wyborcza.
Autor: Adam de Nisau