• Europäische Presseschau
  • 24.06.2011

RZ: Baldiger Rückzug aus Afghanistan unwahrscheinlich

Viel Platz widmen die heutigen Zeitungen dem angekündigten Truppenabzug der USA aus Afghanistan. Der baldige US-Truppenabzug hat die polnische Regierung überrascht, schreibt die Gazeta Wyborcza. Nun muss das Land einen neuen, an die US-Strategie angepassten Handlungsplan erarbeiten. Wie soll er aussehen, fragt die Zeitung? Weniger Kampf, mehr Schulung, meint der polnische Verteidigungsminister Bogdan Klich und versichert, dass bis 2014 das polnische Kontingent abgezogen wird. Nach Auffassung der Regierung könnte der Rückzug schon im nächsten Jahr beginnen – zu früh meint die konservative Rzeczpospolita. Die Provinz Ghazni, für die Polen verantwortlich ist, gehört zu den instabilsten und gefährlichsten in ganz Afghanistan. Die Situation an mehrere Orten ist immer noch unvorhersehbar. Ghazni von heute auf morgen den Afghanen zu übergeben sei verantwortungslos, schreibt das Blatt. Wann der polnische Rückzug letztlich beginnen wird, bestimmen die Amerikaner. Ohne eine Stabilisierung der Provinz kann also keine Rede von einem baldigen Abzug sein – nicht im kommenden Jahr und auch nicht bis Ende 2014, findet die Rzeczpospolita.

Griechische oder europäische Pest?

Polen wird sich an der finanziellen Hilfe für Griechenland beteiligen. Laut der polnischen Regierung gäbe es für diese Entscheidung drei Gründe: erstens möchte Warschau vermeiden, dass sich die Finanzkrise auf den restlichen Teil der Euro-Zone ausbreitet, weil davon auch die polnische Wirtschaft betroffen wäre. Zweitens steht die polnische EU-Ratspräsidentschaft an – eine der wichtigsten Aufgaben des Unionsvorsitzes ist die Stabilisierung der finanziellen Situation in Ländern wie Griechenland. Drittens geht es um die Budget-Verhandlungen für den Zeitraum 2014 bis 2020. Polen hätte eine schwächere Verhandlungsposition, wenn es sich nicht für die Griechen einsetzen würde.

Für die Gazeta Prawna ist die Entscheidung Polens, sich an der Hilfe für Griechenland zu beteiligen, falsch. Mit dem so genannten Rettungsplan retten wir nicht Griechenland, sondern einige europäische Kreditanstalten, die in der Vergangenheit falsche Entscheidungen getroffen haben. Die Hilfsgelder für Griechenland werden deshalb in deutschen und französischen Banken landen. Außerdem ist die Bezeichnung „Rettungsplan” falsch, meint das Blatt. Dieser Plan wird Griechenland mit Sicherheit nicht helfen. 750 000 Griechen protestierten gegen Sparmaßnahmen und die Parlamentarier haben Angst, Reformgesetze zu verabschieden. Es sieht danach aus, dass die Griechen davon ausgehen, dass Brüssel ihre Schulden zahlt und sie weiter ihr fröhliches Leben auf Pump führen lässt. Mit dem „Rettungsplan“ kauft sich Europa einfach Ruhe für ein paar Monate, so die Gazeta Prawna.

Autor: Joachim Ciecierski

Redaktion: Elisabeth Lehmann