• Nach der Bildungs-Katastrophe häufen sich Fragen
  • 12.07.2011

WPROST: Die Abitur-Panne  

Die Abitur-Panne nimmt diese Woche in der polnischen Presse viel Platz ein. Die Tageszeitung Wprost spricht sogar von einem Bildungs-Desaster. In diesem Jahr hat beinahe jeder vierte Schüler das Abiturexamen nicht bestanden. Die meisten Schüler konnten die mathematischen Aufgaben nicht bewältigen, schreibt Wprost und sucht nach den Ursachen der schwachen Abitur-Ergebnisse. Der Vizechef der Zentralen Examenskommission Miroslaw Sawicki erklärte nach dem Examen, dass größtenteils die Schüler selbst an der Panne schuld seien. Dieser Jahrgang sei einfach schwach, so Sawicki. Diese Aussage löste unter Spezialisten eine Welle der Verwunderung aus. Man könne von einem schwachen Wein-Jahrgang sprechen, weil es zum Beispiel schlechtes Wetter gegeben habe, empört sich der Pädagoge von der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Professor Krzysztof Konarzewski. Aber von einem schwachen Schüler-Jahrgang? Solle das heißen, dass gerade vor 20 Jahren die Spermien besonders schlechter Qualität gewesen seien?  

Bereits im letzten Jahr hatten die Abiturienten große Probleme mit der Mathematik-Prüfung. 2010 ist das Fach nach 20-jähriger Pause erneut zu einem Abiturpflichtfach geworden. Aus diesem Grund haben sich die Experten bemüht, das Examen relativ einfach zu gestalten. Dennoch haben die mathematischen Aufgaben vor einem Jahr 13% der Schüler nicht bewältigt. Dass es in diesem Jahr schlimmer und das Examen schwieriger wird, haben viele gewusst. Trotzdem haben sich die Lehrer nicht darum bemüht, ihren Schülern den Unterrichtsstoff besser beizubringen. Es ging vor allem darum, die Schüler auf den bevorstehenden Mathematik-Test vorzubereiten.

Der Mathe-Lehrer Henryk Pawlowski kann das nicht verstehen: Einst sei Mathematik schon in der Grundschule sehr gründlich unterrichtet worden. Jeder Schüler konnte Tabellen und Funktionsgraphen lesen. Und heute löse man ständig verschiedene Tests. Wozu das führt, so Pawlowski, haben sowohl die Schüler als auch die Lehrer und Erneuerer der polnischen Schule gerade erfahren.

 

RZECZPOSPOLITA: Braucht denn wirklich jeder das Abitur? 

In der Technischen Schule im kleinpolnischen Trzyciąż  hat in diesem Jahr kein einziger Schüler das Abitur bestanden, berichtet die Tageszeitung Rzeczpospolita. Das Examen haben 12 Schüler abgelegt: alle sind in Mathe durchgefallen. Es sei eine unangenehme Überraschung, so schlecht sei es noch nie gewesen, sagt Waldemar Mendak, Leiter der lokalen Bildungskommission. Es gab immer Schulen, wo niemand das Abitur bestanden hat, doch es handelte sich dabei bislang nur um eine Randerscheinung.

Laut Professor Aleksander Nalaskowski von der Universität in Torun war ein Lyzeum mit Abiturabschluss früher eine Talentschmiede. Heute täusche man die Schüler, indem man sage, jeder könne ein Lyzeum besuchen und jeder könne das Abitur bestehen. Wie es scheint, stimme diese Logik nicht. Es genüge nur das Abiturexamen auf einem etwas höherem Niveaus zu gestalten und schon könne ein Großteil der Schüler die Aufgaben nicht lösen, so Professor Nalaskowski in der Rzeczpospolita.

Was passiert in Zukunft mit der Schule in Trzyciąż? Wahrscheinlich wird sie geschlossen. Es gibt keine jungen Menschen mehr, die die Schule künftig besuchen möchten.

 

POLSKA/THE TIMES: Weitere Partei-Wechsel in Polen  

Die politischen Transfers vor dem kommenden Wahlkampf häufen sich. Zwei weitere Politiker der kleinen Gruppierung Polen ist am Wichtigsten/PJN werden heute in die Regierungspartei PO aufgenommen, berichtet die Tageszeitung Polska/The Times. Vor wenigen Wochen hatte die Chefin der PJN ihre Gruppierung verlassen, um sich der PO anzuschließen. Nun ist es Zeit für andere Politiker, schreibt das Blatt. Die Gründe für den Transfer: Erstens, so die beiden ehemaligen PJN-Politiker, gebe es keine klare Garantie, dass die Gruppierung nicht mit der Kaczynski-Partei zusammenarbeiten werde. Und zweitens befinde sich PJN in einer tiefen Krise. 

Autor: Kuba Kukla

Redaktion: Adam de Nisau