• Smolensk-Bericht liefert Wahlkampfstoff
  • 01.08.2011

GAZETA WYBORCZA: Neue Demissionen in Sicht 

Wird es nach der Veröffentlichung des polnischen Berichts über die Smolensk-Katastrophe weitere Amtsenthebungen geben? Diese Frage taucht heute in der Tageszeitung Gazeta Wyborcza auf. Die Antwortet lautet: höchstwahrscheinlich ja. Bereits am Freitag, direkt nach der Veröffentlichung des Berichts hat Premierminister Donald Tusk die Demission von Verteidigungsminister Bogdan Klich angenommen. Bis zu den anstehenden Parlamentswahlen im Herbst wird die Aufgaben des Verteidigungsministers Tomasz Siemioniak, Klichs bisheriger Stellvertreter, übernehmen. Man erwarte von Siemioniak entschiedenes Handeln, schreibt das Blatt. Die wichtigste Aufgabe des neuen Verteidigungsministers sei es, die Situation im Militär, besonders im 36. Regiment der Luftstreitkräfte, dass für den Transport der wichtigsten Personen im Staat verantwortlich ist, zu verbessern.

Auf die Frage, ob Premierminister Tusk von dem neuen Verteidigungsminister die Durchführung von Entlassungen unter hochrangigen polnischen Militärs erwarte, sagte der Regierungssprecher, Ministerpräsident Donald Tusk werde sich im Laufe der Woche darüber äußern. Laut inoffiziellen Quellen sind die Demissionen in der polnischen Armee unvermeidlich. Dies sei eine moralische Notwendigkeit, heißt es im Umfeld des Premierministers. Sowohl Donald Tusk als auch der frischgebackene Verteidigungsminister wollen aus dem Bericht über die Smolensk-Katastrophe weitgehende Konsequenzen ziehen.

Die Atmosphäre in der polnischen Armee sei sehr schlecht, stellt das Blatt fest. Dem polnischen Bericht zu dem Flugzeugabsturz vom 10. April 2010 ist zu entnehmen, dass zu der Smolensk-Katastrophe Fehler auf polnischer und russischer Seite beigetragen haben. Wie das Team von Innenminister Jerzy Miller betonte, lag ein Teil der Schuld bei den polnischen Piloten, die nicht gründlich genug ausgebildet waren.

 

POLSKA/THE TIMES: Miller-Bericht als Wahlkampfstoff 

Der am vergangenen Freitag veröffentlichte Bericht über die Ursachen der Smolensk-Katastrophe liefert politischen Wahlkampfstoff, schreibt heute die Tageszeitung Polska/The Times. Schon nach den ersten Reaktionen der Politiker nach der Veröffentlichung ist klar, dass der Bericht ein fester Bestandteil des Wahlkampfes sein wird. Der Politologe, Professor Kazimierz Kik unterstreicht, dass die Oppositions-Partei PiS einen zynischen Tanz über den Särgen begonnen hat. Es sei ein zynisches Spiel mit dem menschlichen Leid und mit den Emotionen. Das Ziel von Jaroslaw Kaczynski sei es, dieses Spiel zu gewinnen, sagt Kik.

Auch die Linken SLD sind nach der Veröffentlichung des Berichts sehr kritisch aufgetreten. Verteidigungsminister Bogdan Klich dürfe nicht mehr im Amt bleiben. Sein Handeln sei ein Beweis für das Versagen der gesamten Tusk-Regierung, donnerte am Freitag der Chef der Linken, Grzegorz Napieralski. Der Abgeordnete Ryszard Kalisz ging noch einen Schritt weiter indem er behauptete, einige Minister der Regierung Tusk sollten vor das Staatstribunal gestellt werden.

 

RZECZPOSPOLITA: Heroische Erhebung oder nationale Tragödie? 

Pünktlich zum 67. Jahrestag des Ausbruchs des Warschauer Aufstandes sorgt eine Aussage des polnischen Außenministers für Aufsehen, berichtet das Blatt Rzeczpospolita. Radoslaw Sikorski nannte die Erhebung gegen die Nazis vom Spätsommer ’44 eine „nationale Tragödie”. Bei dem Aufstand seien wertvolle Menschen getötet worden, deshalb seien die Folgen des Aufstandes bis heute spürbar.

Die Aussage stieß auf heftige Kritik. Minister Sikorski habe kein Recht darauf, diejenigen die im Kampf um die Freiheit ihr Leben geopfert haben, zu beurteilen, sagte Tadeusz Filipkowski, Sprecher der Verbandes der polnischen Untergrundarmee AK. 

Auch seitens der eigenen Partei bekam Minister Sikorski keine Rückendeckung. Mein Gott, wie konnte er so etwas sagen, empörte sich der PO-Abgeordnete Antoni Mężydło. Die Warschauer Aufständischen, genauso wie viele andere polnische Freiheitskämpfer hätten gewusst, dass es größere Werte als das eigene Leben gibt. Diese Werte seien das Vaterland, die Ehre und die Freiheit, so Mężydło.

Die schärfste Kritik kam aus dem Lager der Oppositionspartei PiS: Die Infragestellung der heroischen Erhebung der Aufständischen von Warschau erinnere an die kommunistische Propaganda, die den Warschauer Aufstand kleinmachen wollte, hieß es.

Autor: Kuba Kukla

Redaktion: Joachim Ciecierski