RZECZPOSPOLITA: „Die Menschen wollen hören, dass alles besser wird“
Mehr Wohnungen, kostenlose Krippenplätze, kostenloses Internet für alle Polen. Die Politiker überschlagen sich während des Wahlkampfes nahezu mit Versprechungen. Doch wer glaubt die eigentlich noch, fragt heute die Rzeczpospolita. Die eingangs genannten Versprechungen stammen von Politkern der linken SLD. Doch auch die regierende Bürgerplattform schöpft in dieser Hinsicht aus dem Vollen. Hotspots soll es demnach im ganzen Land geben – mit kostenlosem mobilen Internet für alle. Auch Premierminister Donald Tusk wird nicht müde, dem Wahlvolk Verlockungen in Aussicht zu stellen. So soll die Umgehungsstraße in Wroclaw vollkommen mautfrei benutzt werden können. Eine Aussage, die sich schon jetzt, einen Monat vor der Wahl, als utopisch herausstellt, meint die Zeitung.
Doch würden die Menschen diese Versprechungen nicht glauben, würden die Politiker sie nicht machen. Angebot und Nachfrage halten sich hier also die Waage. Viele Menschen wollen einfach hören, dass in Zukunft alles besser wird. Eine kritische Analyse der hohlen Worte ist Mangelware. Und so werden Politiker weiter das Blaue vom Himmel versprechen und Wähler sich im Nachhinein aufregen, dass das nicht eingetreten ist. Immerhin gebe es auch ganz sympathische Versprechungen, schreibt die Rzeczpospolita: Der Kandidat der Bauernpartei PSL in Koszalin, Stanislaw Dycha, hat seinen Wählern vor einigen Tagen ganz schlicht und einfach Glück versprochen.
GAZETA WYBORCZA: Verbände fordern Abschaffung des „Verleumdungsparagrafen“
Verleumdung ist nicht nur in Ländern wie Belarus eine Straftat, sondern auch in Polen. Und die kann mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft werden. Dagegen protestieren nun verschiedene Menschrechtsorganisationen und Presseverbände, wie die Gazeta Wyborcza heute schreibt. Gegenstand der Kritik ist der Artikel 212 des Strafgesetzbuches. Er sagt, dass Menschen, die wegen Verleumdung angeklagt werden, in Arrest genommen werden können sowie einer psychiatrischen Untersuchung unterzogen werden müssen. Als Strafe droht ihnen zudem ein Jahr Gefängnis. Zwar sei es in der Realität schon seit Jahren nicht mehr vorgekommen, dass diese Strafe verhängt wurde, so die Organisationen. Psychiatrische Gutachten seien aber an der Tagesordnung und unter denen haben die Betroffenen massiv zu leiden.
Für Aufsehen sorgte zuletzt das Verfahren gegen den Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski, der wegen Verleumdung des früheren Innenministers Janusz Kaczmarek angeklagt war und deswegen zum Psychiater musste. In seinem Fall hatte die Untersuchung keine schwerwiegenden Folgen, für durchschnittliche Polen bedeutet sie aber nicht selten den Verlust des Jobs und des sozialen Umfelds.
Generell sei die Zahl der Anklagen wegen Verleumdung in den vergangenen Jahren gestiegen, warnen die Organisationen. Und es betreffe nicht mehr nur Journalisten, die mit dieser Gefahr seit Jahren lebten, sondern zunehmend auch Otto-Normal-Bürger. Ob und wann die Aktion „Streicht Artikel 212“ Erfolg haben wird, ist bisher noch nicht klar, schreibt die Gazeta Wyborcza.
DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Befristung schlägt auf die Motivation
Jeder dritte Arbeitnehmer in Polen hat einen befristeten Arbeitsvertrag, der von einem auf den anderen Tag gekündigt werden kann. Das schreibt die Zeitung Dziennik/Gazeta Prawna heute auf ihrer Titelseite. So geht aus den neuesten Daten der Staatlichen Statistikbehörde GUS hervor, dass rund 3,4 Millionen Polen unter diesen Bedingungen arbeiten. Polen ist damit Spitzenreiter in der EU im Bezug auf instabile Arbeitsverhältnisse.
Arbeitgeber verfahren nach einer sehr einfachen Rechnung: Mitarbeiter mit unbefristeten Arbeitsverträgen zu kündigen, ist äußerst schwer. Doch was, wenn die Konjunktur einbricht und Firmen weniger Aufträge haben? Dann müssen sie schnell Personal loswerden und das geht eben nur mit befristeten Verträgen.
Dabei bedenken die Arbeitgeber nicht, dass ihnen diese Denkweise im Prinzip schadet, schreibt die Zeitung. Denn Mitarbeiter, die quasi auf Abruf sind, fühlen sich nicht verbunden mit der Firma und geben daher auch nicht ihr Bestes.
Eine mögliche Lösung wären etwa Privilegien für Mitarbeiter, die einen befristeten Vertrag haben. So könnte der Mangel an Sicherheit durch andere Anreize ausgeglichen und die Motivation erhöht werden, schreibt Dziennik.
Autor: Elisabeth Lehmann
Redaktion: Adam de Nisau