• Der neue Sejm ist Abbild eines toleranten Polens
  • 09.11.2011

RZECZPOSPOLITA: Komorowski sollte mahnende Instanz sein

Der große Tag ist vorbei, das neue Parlament ist im Amt, doch nicht alle sind zufrieden. Die Rzeczpospolita kritisiert heute, dass Präsident Bronislaw Komorowski die Chance verpasst habe, seiner Rolle als mahnende Instanz gerecht zu werden. Seine Aufgabe wäre es gewesen, so meint die Zeitung, eine schwache Opposition zu ersetzen. In seiner 20-minütigen Rede vor dem neuen Sejm hätte Komorowski die neue Regierung mahnen müssen, Wirtschaftreformen voranzubringen. Denn der alte und neue Premierminister Donald Tusk sei wahrlich kein leuchtendes Beispiel für schnelle Veränderungen. Doch Komorowski hat es in seiner Rede bei ein paar Allgemeinplätzen belassen und so werden wohl in Zukunft nicht die Oppositionsparteien oder der Präsident die treibende Gendarmerie sein, die aufpasst, dass Tusk die löchrigen Staatskassen in den Griff bekommt. Viel mehr werden es die Ratingagenturen und weltweiten Finanzmärkte sein. Und diese Option, so hat uns die Erfahrung in anderen Ländern gelehrt, kann für den Steuerzahler äußerst kostspielig werden, meint die Rzeczpospolita.

 

GAZETA WYBORCZA: Der neue Sejm ist Abbild eines toleranten Polens

Auch die Gazeta Wyborcza beschäftigt sich heute natürlich mit der Vereidigung des neuen Sejm. In einem sehr persönlichen Kommentar gratuliert Bartosz Węglarczyk seinem Land zu einer neuen Ära. Gestern wurde der toleranteste und bunteste Sejm in der Geschichte Polens vereidigt. Das beweisen die Abgeordneten Anna Grodzka und Robert Biedron. Die eine ist eine Transsexuelle, der andere ein bekennender Homosexueller. Eine Revolution in Polen. Das Erstaunlichste daran, so meint Węglarczyk: Nicht nur Transsexuelle und Homosexuelle haben für Grodzka und Biedron gestimmt, sondern ganz einfache Polen, die eine Veränderung in ihrem Land sehen möchten. Grodzka und Biedron haben sowohl im privaten, als auch im öffentlichen Leben bewiesen, dass sie Schwierigkeiten meistern können. Nun müssen sie zeigen, dass sie auch gute Politik machen können. „Grodzka und Biedron nebeneinander auf der Abgeordnetenbank sitzen zu sehen, ist ein Bild, das mich sehr stolz auf mein Land macht”, so der Kommentator. „Nun wünsche ich den beiden, dass sie noch mehr Stimmen bekommen und dass es bei den nächsten Wahlen heißt: ‘Grodzka? Biedron? Ach ja, das sind doch die beiden hervorragenden Abgeordneten’”, schreibt Bartosz Węglarczyk in der Gazeta Wyborcza.

 

RZECZPOSPOLITA: Priester entscheiden sich immer später für ihren Beruf

Wer sich heutzutage für das Priestertum entscheidet, hat es nicht leicht. Die schnelllebige Zeit mit all ihren Verführungen macht vielen die Wahl dieses Berufes schwer. Und so sind diejenigen, die sich zum Priesterseminar anmelden, immer älter, schreibt die Rzeczpospolita. Zwei Drittel von ihnen haben schon ein Studium oder mehrere Jahre Berufserfahrung hinter sich. Die Zeiten, in denen junge Männer direkt von der Schulbank auf die Kirchenbank wechselten, sind vorbei. Überhaupt vermerkt die katholische Kirche einen Rückgang der Priesteramtsanwärter. So langsam fällt die Zahl wieder auf das Niveau von vor 1979, dem Jahr, in dem Karol Wojtyla zu Papst Johannes Paul II. wurde. Sein Vorbild löste damals einen Run auf die Priesterseminare aus. In Spitzenzeiten wurden pro Jahr mehr als 1100 neue Priester ausgebildet. Im Moment sind es rund 700. Viele von ihnen haben das 40. Lebensjahr schon hinter sich und wollen noch einmal ganz von vorne beginnen. Sie haben sich den Schritt reiflich überlegt und das Priestertum als die geeignete Lebensform für sich erwählt. Wie sich der Trend in Zukunft entwickeln wird, ist noch nicht vorherzusehen. Das liegt allein in Gottes Hand, schreibt die Rzeczpospolita.

 

Autor: Elisabeth Lehmann

Redaktion: Joachim Ciecierski