RZECZPOSPOLITA: Endlich zeigt Polen der EU die Grenzen auf
Die Rzeczpospolita beschäftigt sich heute mit dem zukünftigen politischen und juristischen Verhältnis zwischen Warschau und Brüssel. „Dies ist eine Entscheidung, auf die wir sieben Jahre lang gewartet haben“, kommentiert Marek Domagalski ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts von gestern. Die Obersten Richter in Polen hatten entschieden, dass EU-Vorschriften nicht eingehalten werden müssen, wenn sie Grundrechte polnischer Bürger beschneiden. Geklagt hatte eine Frau, die sich durch EU-Regelungen in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlte.
Die Rzeczpospolita befindet: „Dieses Urteil geht in die Geschichte ein, denn es zeigt Brüssel die Grenzen seiner Macht auf.“ Die Entscheidung könne nun allen Klägern gegen fragwürdige EU-Vorschriften helfen, so die Zeitung weiter. Konkret könnte es positive Auswirkungen auf den Geldbeutel vieler Polen haben, zum Beispiel im Fall von Unterhaltszahlungen für Kinder. Sollte ein Pole durch ein Gericht in Westeuropa zu Alimenten verurteilt werden, sind diese für polnische Verhältnisse oft viel zu hoch bemessen. Mit dem gestrigen Verfassungsgerichtsurteil könne solch eine Entscheidung nun gekippt werden, so die Rzeczpospolita.
DZIENNIK / GAZETA PRAWNA: Zuviel Bürokratie schadet dem Staat
Auch die Zeitung Dziennik bemängelt heute zu viel Bürokratie und Regulierung. Anstatt sich jedoch mit den Zuständen in der EU zu beschäftigen, nimmt sie die Lage im eigenen Land in den Blick. Besonders im Bauwesen gebe es viele bürokratische Absurditäten. Dies spüre der Bürger besonders dann, wenn er sich mit Anträgen für den Hausbau an die Behörden wendet. Gesetze und Vorschriften machten es ihm schwer Grundstücke zu finden und Baugenehmigungen zu erhalten. „Selbst bei der Auftragserteilung an den Handwerker bedarf es bestimmter Unterschriften vom Bauamt“, kritisiert Dziennik.
Das schwierigste an der Misere, so die Zeitung weiter, sei der aufgeblähte Verwaltungsapparat. Die Kompetenzen von Beamten seien nach außen hin oft unklar. Und deren Anzahl überhaupt zu groß. Als Donald Tusk 2007 seine erste Amtszeit als Premier antrat, gab es nur knapp 28.000 Beamte in der Staats- und Regionalverwaltung. Bis heute habe sich die Zahl mehr als verzehnfacht. In den Kommunen sehe die Lage nicht anders aus. Auch mit dem erneuten Regierungsantritt von Tusk werde sich daran leider wohl kaum etwas ändern, schließt der Dziennik.
GAZETA WYBORCZA: Chancen für einen Neuanfang der PIS-Rebellen
Seitdem sich die Partei Recht und Gerechtigkeit (PIS) in einem großen Ausschlussverfahren von 16 Abgeordneten getrennt hat, gilt sie vielen nun als 50+ Partei, schreibt Gazeta Wyborcza. Der Altersdurchschnitt ist durch den Rauswurf von Zbigniew Ziobro und seinen politischen Freunden deutlich gestiegen. Die verstoßenen Parteimitglieder bilden im Parlament dagegen eine relativ junge Fraktion. Auch der jüngste Abgeordnete im Sejm, immerhin Jahrgang 1989, stammt aus ihren Reihen. Hinzu kommt, dass die Fraktion der PIS-Abtrünnigen Zuwachs aus anderen Parteien erhalten haben – mit ebenfalls zwei sehr jungen Parlamentariern.
Für die Zukunft der Fraktion könne der niedrige Altersschnitt eine Chance bieten. Zumindest hätten Jarosław Kaczyński und seine Partei PIS nun ein Konkurrenzproblem. Kaczyński versucht indes die junge Fraktion durch Spott über ihre angeblich geringe politische Kenntnis zu diskreditieren. Dabei, so Gazeta Wyborcza, bedeute jung nicht unerfahren. Allein zehn der 18-Leute-Fraktion treten bereits ihre dritte Amtszeit im Sejm an.
Autor: Holger Lühmann