Rzeczpospolita: Showdown in Brüssel – wo steht Polen?
Die polnischen Titelseiten kennen heute nur ein Thema: Das EU-Gipfeltreffen zur Schuldenkrise in Brüssel. Kein Wunder, denn laut vielen Experten und Politikern geht es bei den heutigen Verhandlungen um nicht weniger als das Sein oder Nichtsein der Währungsunion. Doch vor dem alles entscheidenden Treffen ist die EU heillos zerstritten und der Erfolg des Rettungsversuchs ist mehr als zweifelhaft. Wo steht Polen in diesem Streit? Mit dieser Frage befasst sich die heutige Ausgabe der Rzeczpospolita.
Die Fronten sind vor dem Beginn der Verhandlungen verhärtet: Angela Merkel und Nicholas Sarkozy fordern eine Änderung des Lissabon-Vertrages. Eine verbindliche Schuldenbremse und automatische Sanktionen für Haushaltssünder sollen für die Länder der Euro-Zone festgeschrieben werden. Das Modell „17plus“ soll es auch Ländern außerhalb der Währungsunion ermöglichen, sich am Euro-Pakt zu beteiligen. Gegen solche Pläne stellen sich EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso, EU-Präsident Herman van Rompuy und der Präsident der Eurozone Jean-Claude Junker. Sie befürworten zwar eine größere Haushaltsdisziplin und eine gemeinsame Haushaltspolitik, wollen aber keine Änderung der bestehenden EU-Verträge. Das, so die Begründung, dauere einfach zu lange und sei zu unsicher. Die Märkte würden indes völlig das Vertrauen in den Euro verlieren. Geht es nach Barroso, van Rompuy und Junker, sollen die Änderung zudem nur die 17 Euro-Länder betreffen.
Laut der Rzeczpospolita ist Polens Haltung in diesem Streit klar. Premierminister Donald Tusk und seine Diplomaten unterstützten die Vorschläge Deutschlands. Polen sei daran interessiert, dass die gemeinsame Haushaltspolitik in einem geänderten EU-Vertrag festgeschrieben wird. Zudem sei das von Angela Merkel unterstützte Modell „17plus“ für Polen eine absolute Priorität, schreibt die Rzeczpospolita. Nur so könne man ein Europa der zwei Geschwindigkeiten und damit ein Abrutschen Polens in die völlige EU-politische Bedeutungslosigkeit verhindern, ist laut der Zeitung aus Diplomatenkreisen zu hören.
Rzeczpospolita: Ist die Osterweiterung Schuld an der Eurokrise?
Polen fürchtet sich vor einem Europa der zwei Geschwindigkeiten, und hat allen Grund dazu. Denn die Idee wird angesichts der aktuellen Lage immer populärer, schreibt die Rzeczpospolita. Geht es z.B. nach Jean-Claude Piris, einem der Väter des Lissabon-Vertrages, ist die EU-Osterweiterung Schuld an der jetzigen Situation. Die Vergrößerung der EU habe sie handlungsunfähig gemacht, schreib er zuletzt in einem Artikel für die Financial Times. Nur ein Europa der zwei Geschwindigkeiten könne die Krise beenden. „Teilt Europa, rettet die Union“ – so lautete der bezeichnende Titel des Artikels.
In einem Interview für die heutige Rzeczpospolita widerspricht der CDU-Politiker und Euroabgeordnete Elmar Brok dieser Meinung. Die neuen EU-Länder würden größtenteils eine sehr gute Figur abgeben, so Brok. Die Schuldensünder, die die Eurokrise überhaupt ausgelöst haben, seien allesamt in der „alten“ Union zu finden. Beim heutigen Gipfel müsse ein Kompromiss erzielt werden, so Brok. Einerseits brauche die EU eine Reform des Lissabon-Vertrages, die alle 27 Mitgliedstaaten umfasst. Andererseits seien schnelle Änderungen innerhalb der Euro-Zone nötig, die notfalls auch ohne langwierige Ratifikationsprozesse und Referenden durchgesetzt werden müssten, so Elmar Brok in der Rzeczpospolita.
Gazeta Wyborcza: Luxuszug Moskau-Paris hält nicht in Polen
Schlafzimmer mit Einzel- oder Doppelbetten, private Toiletten und Duschen, Fernseher – der neue Luxuszug von Moskau nach Paris lässt keine Wünsche offen. Doch polnische Passagiere werden das fahrende Hotel nur von außen bewundern können, schreibt die Gazeta Wyborcza. Denn obwohl der Zug auf seiner Reise ganz Polen durchquert, hält er hierzulande nur einmal – und das aus technischen Gründen. In Warschau wird nämlich nur ein Bordrestaurant angekoppelt, neue Passagiere dürfen aber nicht einsteigen, beklagt die Gazeta Wyborcza. Dabei sollte der Luxuszug eigentlich das Aushängeschild des neuen Fahrplans sein, der ab dem 12. Dezember in ganz Polen gilt. Offiziell gab es Verhandlungsprobleme zwischen der polnischen und der russischen Bahn, die Gazeta Wyborcza vermutet jedoch andere Gründe: Mit Ticketpreisen von bis zu 1800 Dollar richte sich der Zug vor allem an reiche Russen, und die seien an einem Halt in Polen nicht interessiert. Die polnische Bahn vertröstet indes die Luxusfans unter ihren Kunden. Sie müssen ein Jahr auf die nächste Fahrplanänderung warten, dann soll der Zug auch in Polen halt machen.
Autor: Filip Żuchowski
Redaktion: Adam de Nisau