• Polen kritisiert neuen zwischenstaatlichen Vertrag
  • 23.12.2011

Polityka: Das ist doch der Gipfel

Das Wochenmagazin Polityka druckt auf der ersten Seite jeder Ausgabe eine Karikatur des Zeichners Andrzej Mleczko ab. Diesmal darauf zu sehen - vier Berggipfel. Der Name der ersten beiden: Gipfel der Dummheit und Gipfel der Naivität. Der dritte Gipfel heißt Gipfel der Inkompetenz und der vierte und höchste von allen ist der… EU-Gipfel.

Rzeczpospolita: Polen kritisiert neuen zwischenstaatlichen Vertrag

Doch nicht nur die polnischen Zeichner äußern sich dieser Tage den EU-Gipfeln gegenüber kritisch. Auch die polnische Regierung macht eine kleine Kehrtwende und kündigt an, den auf dem letzten EU-Gipfel vereinbarten zwischenstaatlichen Vertrag in seiner jetzigen Form nicht zu unterschreiben. Wie in der konservativen Tageszeitung Rzeczpospolita zu lesen ist, möchte das Kabinett Tusk vor der Unterzeichnung des Dokuments gesichert sehen, dass an den Gipfeln der Eurogruppe künftig auch Staaten von außerhalb der Eurozone teilnehmen dürfen. Andernfalls, so die Befürchtung, droht die Union in zwei Gruppen zu zerfallen. „Eine weitere Integration der Union wird nicht möglich sein, wenn wir Barrieren zwischen der Eurozone und dem Rest der EU schaffen“, erklärte zuletzt der polnische Finanzminister Jacek Rostowski in Brüssel. Rostowskis Postulat: keine gesonderten Gipfel der Eurostaaten. Finanzminister aus Nicht-Euro-Ländern sollten an den Treffen der Eurogruppe als Beobachter teilnehmen dürfen. Auch der Bürgerplattformabgeordnete Pawel Zalewski betont: „Heute spricht man an diesem Tisch über die Höhe des Haushaltsdefizits und die Höhe der Verschuldung in der Eurozone. Aber in einiger Zeit werden dort Schlüsselentscheidungen für die ganze EU fallen.“

Die Postulate Polens, lesen wir weiter im Artikel, können in Brüssel für Verwunderung sorgen. Schließlich hatte der polnische Premierminister Donald Tusk noch am 9. Dezember während der EU-Ratssitzung nicht gegen gesonderte EU-Gipfel protestiert. Bedeutet das, dass Polen seine Stellung seit dem Gipfel geändert hat? Regierungssprecher Pawel Gras meidet eine Antwort auf diese Frage. Er betont nur, dass die Aussagen von Finanzminister Jacek Rostowski in dieser Sache die Stellung der polnischen Regierung wiederspiegeln. Und wenn die EU auf die polnischen Forderungen nicht einlenkt? Dann könnte Polen die Einzahlung seines Beitrags zur Rettung der Eurozone in den Internationalen Währungsfonds in Höhe von sechs Milliarden Euro verweigern, so die Rzeczpospolita.

 

Newsweek: Undankbare Polen

Nach diesem schwarzen Szenario nun zum Ausgleich ein optimistischer Kommentar zur Position Polens in der EU vom Kommentator des Wochenmagazins Newsweek Jaroslaw Gugala. Geht es nach Gugala, sei diese weder das Ergebnis von Säbelrasselei, noch von der Unterwürfigkeit polnischer Diplomaten gegenüber den Reichen des Kontinents. Es sei vielmehr das Ergebnis der Kraft der polnischen Wirtschaft, des Potenzials der polnischen Bürger und der Klasse der Vertreter Polens in Brüssel und Straßburg. Polen, so Gugala, habe in der EU viel mehr zu sagen, als man aus trockenen Statistiken schließen würde. Denn die Infrastruktur, die Finanzressourcen oder den Wohlstand der Bürger in Polen und derselben Parameter in Deutschland, Frankreich oder Großbritannien brauche man erst gar nicht miteinander zu vergleichen. Trotzdem stehe noch bis Ende Dezember ein Pole an der Spitze des Europäischen Parlaments. Ein Pole sei Haushaltskommissar der Europäischen Kommission. Und die polnische EU-Ratspräsidentschaft gelte als der beste Ratsvorsitz seit vielen Jahren. Nur die Polen selbst wissen diese Erfolge nicht zu schätzen, so Jaroslaw Gugala im Newsweek.

Newsweek: Achtung, Chimerika

Zum Abschluss noch ein Artikel aus der Newsweek. Darin nimmt das Wochenmagazin mögliche Zukunftsszenarien für die Europäische Union unter die Lupe. Die Vision einer europäischen Föderation, die Amerika und China gleicht, lesen wir in dem Artikel, scheint heute, gelinde gesagt, nicht besonders wahrscheinlich. Daher sind grob gesagt zwei Szenarien für die Zukunft möglich. Das erste ist im Grunde optimistisch: Die EU wird weiterhin langsam die Interessenunterschiede zwischen den Mitgliedsländern auflösen, bis sie eine so große Wirtschaftskrise und solche Erschütterungen auf sich zieht, dass auf den Trümmern der bisherigen Ordnung, ähnlich wie nach dem Zweiten Weltkrieg, eine Europäische Föderation entsteht, die zu wirtschaftlichem Wachstum fähig ist. Das zweite Szenario, so Newsweek, ist pessimistischer: eine Fragmentierung Europas, eine Teilung der Union in Kerne, Sattelitenstaaten und andere politische Gebilde, nationalistische Regierungen natürlich mit inbegriffen. Das Ergebnis wäre eine jahrelange Stagnation und eine Marginalisierung des Kontinents in der globalen Wirtschaftsordnung. Und natürlich auch eine niedrigere Lebensqualität für die europäischen Bürger.

Die Amerikaner und die Chinesen warten ab, wie sich die Situation entwickelt. Beide Staaten ziehen sich zunächst einmal aus Investitionen auf dem alten Kontinent zurück. Sowohl Amerika, als auch China würde gerne die Elemente der Insolvenzmasse Europas im Sonderangebot erwerben. Und wenn der Vorstand Europas die Rettungspläne für die Firma nicht durchsetzt, dann wird sich ohne Zweifel sehr schnell ein Konkursverwalter melden – entweder ein Cowboy oder ein Schlitzauge, so Newsweek über die Zukunft der EU.

Autor: Adam de Nisau
Redaktion: Joachim Ciecierski