- Rzeczpospolita: Affäre um Arzneilistenreform
- 29.12.2011
Rzeczpospolita: Affäre um Arzneilistenreform
Alle Zeitungen kommentieren heute die Affäre um die Liste der Arzneimittel, die vom Staat im kommenden Jahr bezuschusst werden sollen. Das am vergangenen Freitag vom Gesundheitsministerium präsentierte erste Projekt der Liste war auf heftige Kritik von Seiten der Ärzte und Patienten gestoßen. Der Grund: Auf der Liste fehlten lebensrettende Pharmazeutika, unter anderem solche, die nach Knochenmarktransplantationen und bei Krebserkrankungen zum Einsatz kommen. Und ohne Bezuschussung vom Staat hätte sich der Großteil der Patienten eine Therapie nicht mehr leisten können. Ergebnis der Proteste: heute soll das Ressort eine korrigierte Version der Arzneiliste vorstellen.
Doch auch, wenn die gröbsten Fehler hoffentlich behoben werden – so macht man große Reformen einfach nicht, schreibt in ihrem Kommentar zu der Affäre die Publizistin der Rzeczpospolita Sylwia Szparkowska. Die Einführung des neuen Rückerstattungsgesetzes, das die flexible Verhandlung der Arzneimittelpreise mit den Pharmakonzernen ermöglicht, sei die wichtigste Reform im Gesundheitswesen seit 10 Jahren. Die wichtigste, da ihre Konsequenzen alle zu spüren bekommen: die Ärzte, die Apotheker, die Patienten, die Pharmakonzerne. Die Skala sei also enorm und ebenso auch die Mittel, die der Staat einsparen könne – etwa 250 Millionen Euro.
Und diese Reform hätte ein PR-Erfolg der Regierung werden können. Eine solche Reform habe in Europa noch niemand unternommen. Doch statt Erfolg gebe es nur Durcheinander und Chaos, bei dem fundierte Informationen und Gerüchte nicht mehr voneinander zu unterscheiden seien. Das konsequente Schweigen des Gesundheitsministers und der Regierung in dieser Situation verwundere sehr. Der Minister erkläre weder, welche Arzneimittel nicht mehr bezuschusst werden sollen, noch für welche es billige Alternativen zu erwerben gibt. Erst für heute habe Gesundheitsminister Bartosz Arlukowicz seine Pressekonferenz geplant. Wieso so spät, bleibe unklar, kritisiert Sylwia Szparkowska in der Rzeczpospolita.
Gazeta Wyborcza: Polen und Deutschland bauen neues Europa
In Europa werden für Polen im kommenden Jahr die Beziehungen zu Deutschland am wichtigsten sein, schreibt in der Gazeta Wyborcza der Chef der Stiftung Demoseuropa Pawel Swieboda. Denn das neue Europa, so Swieboda, entstehe eben in einem Zusammenspiel zwischen Deutschland und Polen. Zwischen Deutschland, das in Europa eine Schlüsselrolle spiele und Polen, dessen Gewicht in der EU konsequent steige. Entweder werde das neue Europa technokratischer werden, wie es Deutschland möchte oder gemeinschaftlicher, wofür Polen optiere.
Polen, so Swieboda weiter, könne für die künftigen Beziehungen zu Deutschland verschiedene Ideen haben. So könne es zum Beispiel die Businessperspektive einnehmen und versuchen, vor allem bei der Finanzperspektive der EU bis 2020 so viel wie möglich für sich zu gewinnen. Polen könne allerdings auch den romantischen Geist in sich zu neuem Leben erwecken und sich als jüngeres und ärmeres Frankreich sehen, mit dem Deutschland nun, nachdem das alte Europa gescheitert ist, gemeinsam das neue bauen wird. Schließlich könne Polen auch versuchen, auf den Schultern Deutschlands noch größere Ziele anzustreben. Eine gemeinsame Visite von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Premierminister Donald Tusk in China? Wenn Europa neu sein soll, wieso sollte man es nicht mit unkonventionellen Mitteln bauen, fragt in seiner Analyse für die Gazeta Wyborcza der Chef der Stiftung Demoseuropa Pawel Swieboda.
Autor: Adam de Nisau
Redaktion: Joachim Ciecierski