• 28.10.2008

NEWSWEEK: Erst Kohle, dann Kultur

Der gemeinsame Markt war der erste Impuls zu Herausbildung einer europäischen Identität. Es sei ein langsamer Prozess, der keineswegs das Fortdauern der nationalen Staaten gefährdet, meint der Historiker Professor Krzysztof Pomian in einem Gespräch mit der Wochenzeitschrift Newsweek (Polska otwartych parafii). Die Feststellung, dass die einzelnen Staaten im Rahmen der Europäischen Union zusammenschmelzen werden, sei unberechtigt. Die Entstehung der einzelnen Nationen dauerte mehrere Jahrhunderte, sollten diese Völker einmal verschwinden, dann auch in Folge einer sehr langen Evolution, meint Pomian. Das Nationalgefühl wird heute immer öfter von einer europäischen Identität begleitet. Diese hätte es ohne das Christentum nicht gegeben. Die Väter der europäischen Integration nach dem II. Weltkrieg waren sich im Klaren, dass man einen starken Kontinent nicht auf einem ideologischen Fundament aufbauen könne. Sie haben also mit Kohle, Stahl und mit einem gemeinsamen Markt begonnen. Das war eine Vereinigung auf dem Niveau eines Supermarktes, doch mit einer klaren Botschaft: der Garantie eines fortdauernden Friedens in Europa. Gezielt hätten die Gründer der heutigen EU nicht von Kultur und Identität gesprochen. Hätten sie das getan, würde es statt Integration endlose Diskussionen über Ideen und Werte geben. Deshalb werden Integrationsprozesse auf anderen Ebenen als die wirtschaftliche erst jetzt eingeleitet, so Professor Pomian in der Wochenzeitschrift Newsweek.

 

DZIENNIK: Krisentreffen

Zum ersten Mal seit 20 Monaten haben sie sich zu einem Gespräch getroffen. Nach dem Vier-Augen-Treffen organisierten sowohl Premierminister Donald Tusk wie Oppositionsanführer Jaroslaw Kaczynski eine Pressekonferenz. Separat. Zwei Stunden lang haben die Politiker über eine gemeinsame Strategie der Regierung und der Opposition gegenüber der Finanzkrise diskutiert. Fazit: der polnische Markt werde die Folgen der Krise überdauern, sagte Premierminister Tusk. Beide Politiker waren sehr freundlich zueinander, doch die wichtigsten Meinungsunterschiede sind geblieben. Der gravierendste von ihnen ist mit der Einführung der europäischen Währung in Polen verbunden. Sie wären zwar anderer Meinung, doch zum ersten Mal habe er bei der Opposition guten Willen gesehen, sagte Tusk. Auch der Oppositionelle Jaroslaw Kaczynski äußerte sich sehr zuvorkommend über seinen Gesprächspartner. Er freue sich, dass es zu dem Treffen gekommen sei. Das Gespräch sei sehr sachlich gewesen. Was haben die Politiker aber festgelegt? Das sie sich weiterhin treffen werden, schreibt die Tageszeitung Dziennik (Kryzysowe spotkaniue Tuska z Kaczyńskim). In der Zukunft wollen beide Politiker meistens über die Einführung der Europäischen Währung in Polen diskutieren. Die oppositionelle Partei Recht und Gerechtigkeit sei nicht daran interessiert, die Regierung in ihren Bestrebungen zu unterstützen. Ihrer Meinung nach sollten die Polen selbst entscheiden, wann der Euro eingeführt werden sollte. Die Regierungsseite verspricht, die Möglichkeit eines Referendums in Erwägung zu ziehen.

 

RZECZPOSPOLITA: Empathie braucht das Land

Die Tageszeitung Rzeczpospolita (Nie tylko Polskie cierpienia) widmet einen Artikel dem Projekt des Museums des II. Weltkrieges. Die Einrichtung soll in den nächsten Jahren in Danzig entstehen. Es sei ein sehr kühnes Vorhaben, sagt in einem Interview der Historiker Professor Tomasz Szarota. Es sei anders als übliche Projekte, weil es dem Alltagsleben in den Jahren 39’ bis 45’ besonders viel Platz widmet. Die Diplomatie, sowie der militärische Aspekt des Krieges sollen die Ausstellung nicht dominieren. Dies sei sehr originell. Interessant sei auch, dass die Einrichtung nicht nur die Tragödie der Polen, sondern auch das Leiden anderer Völker zeigen solle. Die Chancen für solch ein Museum in Danzig seien, laut Professor Szarota, sehr gering. Es sei zwar eine sehr gute Idee, doch es gäbe in Polen keine Spezialisten, die sich sachbezogen über die Kriegsleiden anderer Völker äußern könnten. Eine andere Frage sei, ob man hierzulande von diesen Leiden erfahren wolle, fragt der Historiker und antwortet sofort: Etwas Empathie würde den Polen nicht schaden. Die Feststellung, dass die Weißrussen oder Ukrainer während des Krieges auch gelitten haben, bedeutet nicht, dass man das eigene Leiden unter den Teppich kehrt, so Professor Tomasz Szarota.

 

kk